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OLG München: Ein vom Kunden angelegtes kostenloses Benutzerprofil kann zur E-Mail-Werbung ohne Einwilligung berechtigen

28.05.2018, 17:21 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Daniel Röder
OLG München: Ein vom Kunden angelegtes kostenloses Benutzerprofil kann zur E-Mail-Werbung ohne Einwilligung berechtigen

Auch wenn in Zeiten der DSGVO die Einwilligung in aller Munde ist - die „Bestandskundenausnahme“ (§ 7 Abs. 3 UWG) ermöglicht es dem Unternehmer weiterhin, dem Kunden unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne dessen Einwilligung Werbung per E-Mail zuzuschicken, wenn die E-Mail-Adresse im Rahmen des Verkaufs einer Ware oder Dienstleistung gewonnen wurde. Das OLG München (Urteil v. 15.02.2018 - Az.: 29 U 2799/17) hatte nun zu entscheiden, ob die Erstellung eines kostenlosen Benutzerprofils auf einer Online-Dating-Plattform auch als „Verkauf einer Ware oder Dienstleistung“ zu werten ist und ob somit die „Bestandskundenausnahme“ nach § 7 Abs. 3 UWG greifen kann.

Sachverhalt

Ein Verbraucherverband nahm es mit dem Marktführer im Online-Dating „lovescout24“ auf. Auf der von der Beklagten betriebenen Plattform bot sich die Möglichkeit, im Rahmen einer kostenlosen Registrierung Vorteile hinsichtlich der Nutzung der Plattform zu erreichen. Nach Abschluss der Registrierung durch den Kunden wurde diesem - ohne Vorliegen einer dafür ausdrücklichen Einwilligung - Werbung für eine kostenpflichtige Mitgliedschaft per E-Mail zugeschickt. In diesem Vorgehen sah die Klägerin eine unzumutbare Belästigung und reichte Klage ein, welche in der Vorinstanz vor dem LG München keinen Erfolg hatte. Im Nachgang legte die Klägerin Berufung beim OLG München ein.

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Urteil des OLG München

Mit Urteil vom 15.02.2018 (Az.: 29 U 2799/17) entschied das OLG München, dass die Versendung der angegriffenen Werbe-E-Mail keine unzumutbare Belästigung darstellt. Die streitgegenständliche E-Mail sei zwar ohne die ausdrückliche Einwilligung des Kunden verschickt worden, jedoch sei eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 3 UWG nicht einschlägig.

Nach der sog. „Bestandskundenausnahme“, welche in § 7 Abs. 3 UWG normiert ist, wird es dem Unternehmer im Rahmen bestehender Kundenbeziehungen ermöglicht, per E-Mail für weitere von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen zu werben, ohne dass eine Einwilligung des Verbrauchers nötig ist. Die Norm setzt voraus, dass alle folgenden Voraussetzungen gegeben sind:

1. der Unternehmer muss die im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten haben
2. weiter muss der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet haben
3. der Kunde darf der Verwendung nicht widersprochen haben
4. der Kunde muss bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen

Der Knackpunkt der Entscheidung war die Frage, ob in der kostenlosen Registrierung ein „Verkauf einer Ware/Dienstleistung“ im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG gesehen werden kann. Die Richter stellten fest, dass unter einem „Verkauf“ im Sinne dieser Norm nicht nur der klassische Kaufvertrag, bei welchem regelmäßig ein Entgelt anfällt, zu sehen sei, sondern jeglicher Austauschvertrag den Anfordernissen genüge. Vorliegend stelle der Kunde dem Beklagten seine Daten zur Verfügung, wohingegen die Gegenleistung in der erweiterten Nutzung der Online-Dating-Plattform zu sehen sei.

Auch das Erfordernis der Verwendung der E-Mail-Adresse lediglich für ähnliche Waren/Dienstleistungen (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG) sah das OLG als erfüllt an. Die Voraussetzung liege regelmäßig vor, wenn die Waren/Dienstleistungen austauschbar seien oder dem gleichen bzw. ähnlichen Verwendungszweck dienten. Sowohl die kostenlose Registrierung als auch eine kostenpflichtige Mitgliedschaft arbeiteten beide auf das Ziel des Verbrauchers hin, einen potentiellen Partner zu finden, sodass Homogenität bzgl. des Verwendungszwecks gegeben sei.

Weiter sei der Kunde bei Erhebung der Adresse klar und deutlich darauf hingewiesen worden, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen könne, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen würden. In der E-Mail, welche dem Kunden zugeschickt wurde, fand sich folgender Hinweis:

„Um diese Mail nicht mehr zu erhalten, klicken Sie hier.“

Das Gericht erachtete diesen Hinweis als ohne weiteres verständlich und auch ausreichend. Es genüge den Anforderungen des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG, wenn die Beklagte den Kunden beim Versand der E-Mails darauf hinweise, dass der Versand dieser E-Mails unterbunden werden könne. Eine weitergehende Aufklärung, dass der Kunde jeglicher Verwendung der E-Mail-Adresse (z.B. Weitergabe der E-Mail-Adresse an Dritte) widersprechen könne, sei sogar irreführend, da er beim Kunden den Eindruck entstehen lassen könne, dass eine solche Verwendung der Daten ohne Widerspruch zulässig sei. Vielmehr sei eine Verwendung der E-Mail-Adresse ohne Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung nur innerhalb der engen Grenzen des § 7 Abs. 3 Nr. 1-3 UWG zulässig und auch nur dann, wenn der Kunde auf die Möglichkeit des unmittelbaren Widerspruchs gegen die (ausnahmsweise zulässige) konkrete Verwendung hingewiesen werde, was ordnungsgemäß erfolgt sei.

Fazit

Die Werbung per E-Mail ist ohne Einwilligung des Verbrauchers möglich, sofern die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG vorliegen. Die erste Voraussetzung dieser Regelung ist, dass der Unternehmer die E-Mail-Adresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von diesem erhalten haben muss (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG) . Das OLG München entschied nun, dass ein „Verkauf“ im Sinne dieser Norm nicht zwangsweise entgeltlichen Charakter haben muss, sondern dass auch das Anlegen eines kostenlosen Benutzerprofils, welches ein „Austauschverhältnis“ zwischen Unternehmer und Verbraucher begründet, den Anforderungen genügt.

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