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Wettbewerbsverstoß bei widersprüchlichen Angaben in Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular

16.01.2018, 11:38 Uhr | Lesezeit: 3 min
Wettbewerbsverstoß bei widersprüchlichen Angaben in Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular

Das OLG Hamm entschied mit Urteil vom 30.11.2017 (Az.: I-4 U 88/17), dass im Falle unterschiedlicher Firmenangaben in der Widerrufsbelehrung einerseits und im Muster-Widerrufsformular anderserseits eine Irreführung des Verbrauchers darstellen und damit unzulässig sei. Dies soll nach Ansicht des Gerichts auch dann gelten, wenn die Plattform Amazon einen einfacheren Weg zur Rückabwicklung eines Vertrages zur Verfügung stellen sollte. Die gesetzlichen Vorgaben an den Online, Händler bleiben von der Rückgabemöglichkeit durch die Plattform Amazon unberührt. Lesen Sie mehr zu dieser Entscheidung in unserem Beitrag:

Sachverhalt

Der Beklagte war unter anderem als Marketplace-Verkäufer bei Amazon aktiv. In den Produktangeboten fand sich eine sog. „Widerrufsbelehrung“, welche unter Nennung einer Firma und zugehöriger Adresse über das Verfahren für einen etwaigen Vertragsrücktritt aufklärte. Weiter im Text war ein "Muster-Widerrufsformular" aufgeführt, welches als Vorlage für die Ausübung des Widerrufsrechts zur Verfügung gestellt wurde. Auffallend war die Tatsache, dass im Text des "Muster-Widerrufsformulars" sowohl eine andere Firma als auch eine andere Adresse als in der zuvor aufgelisteten „Widerrufsbelehrung“ genannt wurde.

Die Klägerin mahnte dieses Verhalten ab. Diese führte als Begründung an, dass die vorgehaltene "Widerrufsbelehrung" irreführend in Bezug auf die Frage sei, an wen der Käufer die Erklärung des Widerrufs zu richten habe.

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Entscheidung des OLG Hamm

Mit Urteil vom 30.11.2017 (Az.: I-4 U 88/17) entschied das OLG Hamm, dass es sich bei dem Vorgehen des Beklagten um einen Wettbewerbsverstoß nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB handele.

Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB und § 4 Abs. 1 EGBGB treffe einen Händler die Pflicht, den Verbraucher klar und eindeutig über das Prozedere der Ausübung seines Widerrufsrechts und die damit zusammenhängenden Fristen aufzuklären. Die Beklagte führte an, dass Verbrauchern ersichtlich sei, dass der Widerruf sowohl an die eine als auch an die andere Firma/Adresse gerichtet werden könne. Im Übrigen habe die Beklagte das sich hinter der im Text weiter unten genannten Firma befindliche Unternehmen bevollmächtigt, Widerrufserklärungen für sie entgegenzunehmen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stellte der 4. Zivilsenat fest, dass für einen objektiven Käufer unter Berücksichtigung der Verkehrssitte im konkreten Fall nicht ohne weiteres ersichtlich gewesen sei, dass er eine Wahl hatte, seinen Widerruf entweder an die eine oder die andere Firma/Adresse richten zu können. Auch die Tatsache, dass Amazon einen einfacheren Weg des Widerrufs zur Verfügung stelle, entbinde den Online-Händler nicht von seinen gesetzlichen Verpflichtungen.

Auch die Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes nach § 3a UWG sei gegeben, so das OLG. Aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergebe sich, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Verbrauchern auf die Ausübung ihres Widerrufsrechts gerade wegen der widersprüchlichen Angaben verzichten könnte.

Fazit

Gemäß der Entscheidung des OLG Hamm ist festzuhalten, dass unterschiedliche Firmenangaben in der Widerrufsbelehrung einerseits und im Muster-Widerrufsformular andererseits eine Irreführung des Verbrauchers darstellen. Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB muss der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren.

Ist im Rahmen der Widerrufsbelehrung ein anderer Widerrufsadressat genannt als im Muster-Widerrufsformular, wisse der Verbraucher nicht, wem gegenüber der Widerruf auszuüben ist, die Information über das Widerrufsrecht ist in diesem Fall dann gerade nicht klar und verständlich.

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