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OLG Brandenburg: Fernabsatzrechtliche Informationspflichten müssen in einer eBay-Kleinanzeige nicht bereitstehen, ABER …

14.12.2017, 13:03 Uhr | Lesezeit: 7 min
OLG Brandenburg: Fernabsatzrechtliche Informationspflichten müssen in einer eBay-Kleinanzeige nicht bereitstehen, ABER …

Das OLG Brandenburg urteilte, dass im Rahmen einer Anzeige auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen keine fernabsatzrechtlichen Informationspflichten bereitgehalten werden müssen. So schön, wie diese Entscheidung auf den ersten Blick klingt, so gefährlich ist diese, wenn man die sich hieraus folgenden Konsequenzen nicht beachtet. Erfahren Sie in unserem heutigen Beitrag, wie man die Entscheidung richtig versteht und welche Anforderungen an Verkäufer auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen gestellt werden.

1. Hintergrund: Fernabsatzrechtliche Informationspflichten

Bei Fernabsatzverträgen ist der Online-Händler verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB über die dort benannten Pflichtinformationen zu belehren.

Er ist insofern gehalten, den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die wesentlichen Vertragsinhalte nach Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB, also insbesondere über die wesentlichen Eigenschaften der Ware, die unternehmerische Identität, den Gesamtpreis sowie die Liefer- und Leistungsbedingungen und die Zahlungsbedingungen, zu belehren.

Gleichermaßen ist er nach Art. 246a § 1 Abs. 2 zur ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht verpflichtet, welches diesem nach §312g Abs. 1 bei Fernabsatzverträgen im Zusammenhang mit den Kleinanzeigen grundsätzlich zusteht, und muss in diesem Zuge auch das Widerrufsformular bereitstellen.

In der Praxis werden die Pflichtinformationen des Art. 246a §1 Abs.1 EGBGB größtenteils mit den jeweiligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmers verbunden und unter Bezeichnung „Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundeninformationen“ verbunden dargestellt.

Zusätzlich zu den allgemeinen Informationspflichten des §312d BGB existieren im elektronischen Geschäftsverkehr als Unterfall des Fernabsatzes besondere Informationspflichten mit verschärftem Regelungsinhalt nach §312i und §312j BGB, welche beim Verkauf über eBay-Kleinanzeigen immer dann einzuhalten sind, wenn der Vertragsschluss mittels Telemedien, insbesondere also internetgebunden per Mail oder der von eBay bereitgestellten Nachrichtenfunktion erfolgt.

Wichtig ist der Zeitpunkt für die Erfüllung dieser Pflichtinformationen: Die vorstehenden Pflichtinformationen müssen vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers in klarer und verständlicher Weise mitgeteilt werden. Diese Pflichtinformationen werden daher auch vorvertragliche Pflichtinformationen genannt, wobei diese Bezeichnung ungenau ist. Die Pflichtinformationen müssen nicht erst vor dem Vertragsschluss erfüllt werden, sondern bereits bevor der Verbraucher seine Willenserklärung in Bezug auf einen Vertragsschluss abgibt (das kann je nach Ausgestaltung des Vertragsschlusses das Angebot oder auch auch die Annahme sein).

1

2. Entscheidung des OLG Brandenburg

Dem Gericht lag eine Anzeige auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen über Felgen zugrunde. Hierbei wurde die Anzeige mit den Angaben „Preis … €“ sowie „… Zoll ab … €, Versand ab … €“ ohne nähere Spezifikation zu Lochkreis, Lochzahl, Einpress-tiefe etc. beworben.

Das OLG Brandenburg lehnte die Unterlassungsansprüche des Verfügungsklägers mit der Begründung ab, dass es sich bei der Anzeige auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen (noch) nicht um ein Angebot auf Abschluss eines Fernabsatzvertrages handle. Daher könnten diese Informationen noch vor Eingehen eines solchen Vertrages erteilt werden.

Kritik: An dieser Stelle ist die Aussage des Gerichts ein wenig unsauber, da das Gericht darauf abstellt, dass noch kein Angebot seitens des Online-Händlers vorliege. Auf ein Angebot des Online-Händlers kommt es allerdings nicht an. Es kommt vielmehr darauf an, ob die die Anzeige schon so konkret ausgestaltet ist, dass der Verbraucher hierauf basierend seine Vertragserklärung abgeben könnte. In der weiteren Begründung nimmt das Oberlandesgericht dann aber doch den richtigen Aspekt der Vertragserklärung des Verbrauchers zum Maßstab.

Das Gericht arbeitet in seiner Begründung in der Folge heraus, dass die monierten fernabsatzrechtlichen Pflichtinformationen vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers in klarer und verständlicher Weise diesem gegenüber mitzuteilen sind. Die Informationen sind also dem Verbraucher dann zur Verfügung zu stellen, wenn ein Unternehmer im Internet eine Ware und deren Lieferung in der Weise anbietet, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung unter Nutzung bereitgestellter technischer Mittel im Wege der Fernkommunikation abgeben kann. Das sei bei der in Rede stehenden Anzeige des Verfügungsbeklagten auf „eBay-Kleinanzeigen“ jedoch nicht der Fall gewesen.

Das Gericht geht in seiner Begründung davon aus, dass auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen keine technischen Möglichkeiten bestehen, unter deren Verwendung ein Vertrag durch Angebot und Annahmeerklärung abgeschlossen werden könnte. Hierzu führt das Gericht aus:

"Technische Möglichkeiten zum unmittelbaren fernkommunikativen Vertragsabschluss bietet die Plattform „eBay-Kleinanzeigen“ nicht. Diese Plattform ermöglicht die Veröffentlichung einer Anzeige, wie sie auch auf der Anzeigenseite einer Zeitung oder unter Verwendung sonstiger Medien publiziert werden könnte, allerdings mit der Besonderheit, dass eine Kommunikation über das System unter Verwendung der Funktion „Nachricht schreiben“ möglich ist. Die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme durch Fernkommunikationsmittel ist indes bei Anzeigen in sonstigen Medien üblicherweise auch gegeben, wenn - wie nicht selten der Fall - eine Telefonnummer und/oder eine E-Mail-Adresse angegeben wird."

Und weiter:

"Die Abgabe einer Vertragserklärung sieht die Plattform „eBay-Kleinanzeigen“ im Unterschied beispielsweise zur Verkaufs- und Auktionsplattform „eBay“ nicht vor. Auf der Plattform „eBay“ wird dem Kunden regelmäßig ein annahmefähiges Vertragsangebot unterbreitet, welches dieser unter Einsatz der zur Verfügung gestellten technischen Mittel sogleich annehmen oder hierzu ein bindendes Gebot abgeben kann oder aber seinerseits allein unter Abänderung des angebotenen Preises ein bindendes Vertragsangebot abgeben kann, welches der Unternehmer im Wege der Fernkommunikation sogleich annehmen kann (Optionen: „Sofort-Kaufen“, „Bieten“ bzw. „Preisvorschlag“)."

In der weiteren Begründung greift das OLG Brandenburg leider argumentativ wieder ein wenig daneben, wenn es das Folgende ausführt:

"Sofern ein Verbraucher dem anbietenden Unternehmer, sei es unter Verwendung der Funktion „Nachricht schreiben“, sei es telefonisch, per E-Mail oder per Telefax eine auf Vertragsabschluss im Fernabsatz gerichtete Vertragserklärung (bindendes Angebot) übermitteln sollte, was im Streitfall schon im Hinblick auf die nur grob umrissene Artikelbeschreibung als ausgeschlossen angesehen werden kann, hat der Unternehmer die Möglichkeit, ein solches Vertragsangebot abzulehnen und selbst ein Angebot im Fernabsatzverkehr zu unterbreiten und dabei die insoweit erforderlichen Informationen, welche bei Zustandekommen des Geschäfts Vertragsinhalt werden, in der gebotenen Weise zu erteilen."

Hier verkennt das Gericht leider abermals, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Erteilung der Pflichtinformationen die Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers ist. Auch wenn ein Online-Händler ein solches Angebot des Verbrauchers nicht annehmen muss (insofern hat das OLG Brandenburg recht), müsste der Verbraucher in Bezug auf die fernabsatzrechtlichen Pflichtinformationen aber bereits vor der Abgabe des Vertragsangebots informiert werden (unabhängig davon, ob der Online-Händler das Angebot dann ablehnt). Es kann nicht darauf ankommen, dass ein Angebot erst vom Online-Händler abgelehnt wird, damit dieser in der Folge seinerseits ein Angebot unterbreitet, in welchem er sodann über die fernabsatzrechtlichen Pflichtinformationen belehrt.

3. Kommentar zur Entscheidung

Im Ergebnis ist die Entscheidung des OLG Brandenburg richtig, die Begründung halten wir jedoch für nicht korrekt. Zum einen kommt es für die Einhaltung der vorvertraglichen Informationspflichten nicht darauf an, dass in rechtlicher Sicht ein Angebot des Verkäufers vorliegt, sondern darauf, dass eine Anzeige vorliegt, welche bereits so konkret ausgestaltet ist, dass ein Verbraucher hierauf basierend eine Vertragserklärung abgeben kann. Zum anderen geht das Gericht fehl in der Annahme, dass auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen keine Vertragserklärung durch den Verbraucher abgegeben werden könnte. Gerade durch die technische Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Online-Händler durch die Funktion „Nachricht schreiben“ ist es dem Verbraucher möglich, basierend auf einer hinreichend konkreten Anzeige, eine Vertragserklärung abzugeben.

4. Fazit

Das Wichtigste vorab: Auch beim gewerblichen Verkauf über die Plattform eBay-Kleinanzeigen müssen Online-Händler die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten beachten und den Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung entsprechend belehren!

Achtung: Das Vorhalten eines vollständigen und korrekten Impressums bereits in der Anzeige ist auf jeden Fall zu beachten (unabhängig von den weiteren fernabsatzrechtlichen Pflichtinformationen)!

Der richtige Schluss aus der Entscheidung des OLG Brandenburg ist wie nachstehend zu folgern:

Als gewerblicher Verkäufer auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen ist darauf zu achten, dass die Anzeige nicht so konkret gestaltet ist, dass der Verbraucher hierauf bezogen eine Vertragserklärung (= Angebot) abgegeben kann.

Nur, wenn der Händler seiner Kleinanzeige den Charakter einer Einladung zur Anfrage konkreterer (Vertrags-)Details verleiht, kann er verhindern, dass der Verbraucher eine Vertragserklärung in Form des Kaufangebots durch die Verwendung der Funktion „Nachricht schreiben“ abgibt. Denn in diesem Fall hätte der Online-Händler keine Gelegenheit gehabt, seine Informationspflichten rechtzeitig zu erfüllen. Um zu bewerkstelligen, dass der Verbraucher keine Vertragserklärung abgeben kann, sollte daher auf die Vertragsdetails in der Anzeige verzichtet werden.

Auf eine Nachricht des Verbrauchers hin ist der Händler so in der Lage, ein verbindliches Angebot außerhalb der Anzeige zu unterbreiten. In diesem Angebot, dass der Online-Händler an den anfragenden Verbraucher richtet, können sodann die fernabsatzrechtlichen Pflichtinformationen in Gestalt von AGB, Widerrufsbelehrung & -formular an den Verbraucher übersendet werden. Durch diese Vorgehensweise übermittelt der Online-Händler in zeitlicher Hinsicht rechtzeitig die Pflichtinformationen an den Verbraucher und stellt damit ein fernabsatzrechtlich konformes Vorgehen sicher.

TIPP: Nutzen Sie professionelle Rechtstexte speziell für „eBay Kleinanzeigen“. Neben einem korrekten Impressum (welches online dargestellt werden kann) benötigen Sie AGB mit Kundeninformationen sowie Widerrufsbelehrung mit Muster-Widerrufsformular. Die IT-Recht Kanzlei bietet entsprechende Rechtstexte hier an.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.


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