IT-Recht Kanzlei
Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de

Öko-Zertifizierung für Online-Lebensmittelhändler: Nur bei Nennung der Bio-Qualität erforderlich?

15.12.2022, 11:02 Uhr | Lesezeit: 4 min
Öko-Zertifizierung für Online-Lebensmittelhändler: Nur bei Nennung der Bio-Qualität erforderlich?

Nach der geltenden EU-Öko-Verordnung ist der Vertrieb von Bio-Lebensmitteln stark reglementiert. Neben speziellen Kennzeichnungsvorschriften sind von Vertreibern auch Kontroll- und Zertifizierungspflichten zu beachten. Dass die Pflicht zur Öko-Zertifizierung auch für Online-Händler gilt, ist durch den EuGH bereits höchstrichterlich entschieden worden. Ob diese Zertifizierungspflicht aber allgemein beim Vertrieb von Bio-Lebensmitteln oder nur dann zu beachten ist, wenn die Bio-Eigenschaft online auch hervorgehoben wird, klären wir in der heutigen Frage des Tages.

I. Kurz zusammengefasst: Die Bio-Zertifizierungspflicht im Online-Handel

Gemäß Art. 28 Abs. 1 der EU-Öko-Verordnung (Verordnung Nr. 834/2007) muss sich jeder Unternehmer, der ökologische Lebens- oder Futtermittel herstellt, aufbereitet, lagert, aus einem Drittland einführt oder in Verkehr bringt, bei einer zuständigen Öko-Kontrollstelle melden und den Betrieb von dieser kontrollieren lassen.

Am Ende einer erfolgreichen Kontrolle erfolgt eine Zertifizierung des Unternehmers mit der Genehmigung, fortan mit staatlicher Anerkennung Bio-Erzeugnisse vertreiben zu dürfen.

Die Zertifizierungspflicht gilt nach eindeutigem Wortlaut der Vorschrift für jeden Unternehmer in der Vertriebskette und mithin auch für Vertreiber.

Strittig war zwar lange Zeit, ob Online-Händler von der Kontroll- und Zertifizierungspflicht ebenfalls erfasst werden. In Deutschland gilt nämlich nach § 3 Abs. 2 des Öko-Landbaugesetzes (ÖLG) eine Ausnahme von der Kontroll- und Zertifizierungspflicht für Fälle der „direkten Abgabe“ an Endverbraucher.

Der EuGH entschied mit Urteil vom 12.10.2017 (C-289/16) aber, dass der Verkauf von Bio-Produkten im Internet nur durch einen zertifizierten Online-Händler gestattet ist. Die Ausnahme von der Zertifizierungspflicht nach § 3 Abs. 2 ÖLG gilt nur für den „direkten“ Verkauf an Endverbraucher. „Direkt“ meine dabei, dass der Verkauf „unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt.

Banner Starter Paket

II. Was löst die Pflicht nun aus: der Vertrieb von tatsächlichen Bio-Produkten oder die Erwähnung, dass es sich um Bio-Produkte handelt?

Die Meldung bei der Öko-Kontrollstelle, das Durchlaufen des Prüfverfahrens und das Zuwarten auf die Zertifizierung ist nicht nur mit einem hohen zeitlichen, sondern auch mit einem nicht unbeachtlichen finanziellen Aufwand verbunden.

Daher hält sich (vor allem unter kleineren Online-Händlern) die Ansicht aufrecht, dass eine Bio-Zertifizierung umgangen werden kann, solange man online nicht kenntlich macht, dass es sich bei den angebotenen Produkten um solche mit Bio-Qualität handelt.

Vielfach nehmen Online-Händler also an, dass sie einer Bio-Zertifizierungspflicht entgehen können, wenn sie zwar tatsächlich Bio-Lebens- oder -Futtermittel verkaufen, auf die Bio-Qualität aber nirgends hinweisen und dadurch simulieren, es würde sich um herkömmliche Produkte handeln.

Diese Ansicht ist mit dem geltenden Recht aber nicht vereinbar und schlichtweg falsch!

Gemäß Art. 28 Abs. 1 der EU-Öko-Verordnung knüpft die Öko-Zertifizierungspflicht allein daran an, ob tatsächliche Öko-Erzeugnisse vertrieben werden. Wie diese online deklariert oder beworben werden und ob die Bio-Qualität erwähnt wird, ist gerade nicht relevant.

Dies liegt daran, dass die Öko-Kontrolle nicht die Erwartungshaltung des Verbrauchers schützen, sondern die tatsächliche Qualität und den EU-weiten Produktions- und Vertriebsstandard für Bio-Erzeugnisse sicherstellen soll.

Die Kontrolle, die einer Zertifizierung vorangeht, gewährleistet also, dass Bio-Produkte im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen produziert, gelagert und aufbereitet werden. Die Zertifizierungspflicht ist eine gesetzliche Maßnahme der Qualitätssicherung.

Deshalb kann es für die Pflicht, sich einer solchen Kontrolle und Zertifizierung zu unterziehen, nicht darauf ankommen, ob tatsächlich vertriebene Bio-Produkte gegenüber Abnehmern auch derart angepriesen werden oder nicht.

Relevant alleine ist, dass es sich bei den angebotenen Produkten rein tatsächlich um ökologische Lebens- oder Futtermitteln handelt.

Welche Pflichten beim Online-Handel mit Bio-Erzeugnissen zu beachten und wie diese umzusetzen sind, hat die IT-Recht Kanzlei in dieser Anleitung zusammengetragen.

III. Fazit

Die Pflicht, sich als Online-Händler bei einer Öko-Kontrollstelle zertifizieren lassen zu müssen, hängt allein davon ab, ob tatsächliche ökologische Erzeugnisse vertrieben werden. Wie diese im Shop benannt, bezeichnet oder beworben werden und ob die Bio-Qualität hervorgetan oder verschwiegen wird, ist irrelevant.

Online-Händler, die Bio-Lebens- oder -Futtermittel anbieten, müssen sich daher ausnahmslos bei der zuständigen Kontrollstelle zertifizieren lassen.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.


Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

3 Kommentare

P
Patrick Kockartz 24.03.2023, 16:54 Uhr
Verkauf online und stationär?
Wie verhält sich das denn? Wenn ich stationär meine zertifizierten Produkte (Vom Lieferant zertifiziert) unverändert in meinem Laden verkaufe, benötige ich keine eigene Zertifizierung, aber was ist wenn ich parallel die selbe Ware online versende?? Ich kann das ja nicht trennen??
M
M. Finke 25.02.2022, 09:10 Uhr
Echter Laden mit Onlineshop
Wie sieht es mit Einzelhändlern aus, die sowohl einen "echten" Laden, als auch einen Onlineshop betreiben? Beziehen sich dann neben den Überprüfungen, die sich nicht trennen lassen, z.B. Lagerhaltung, manche Überprüfungen nur auf den Onlineshop? Darf also z.B. zur Warenflusskontrolle ein Produkt ausgewählt werden, das es im Onlineshop gar nicht gibt?
A
Artur Knosp 04.11.2021, 18:35 Uhr
Link auf der Seite
Hallo der Link auf der Seite funktionier nicht mehr bzw. die Liste wird nicht angezeigt

"Eine Liste der in Deutschland zuständigen Kontrollstellen kann hier abgerufen werden."

weitere News

Bundesgerichtshof: entscheidet Streit um "Biomineralwasser"
(14.09.2012, 15:38 Uhr)
Bundesgerichtshof: entscheidet Streit um "Biomineralwasser"
Öko-Lebensmittel: Experten fordern „Bio-TÜV“
(10.07.2012, 17:08 Uhr)
Öko-Lebensmittel: Experten fordern „Bio-TÜV“
Bio-Logo: "Euro-Blatt" ab 1. Juli gültig
(28.06.2012, 16:32 Uhr)
Bio-Logo: "Euro-Blatt" ab 1. Juli gültig
OLG Nürnberg: Teilerfolg der Berufung des Herstellers von „Biomineralwasser“
(17.11.2011, 13:35 Uhr)
OLG Nürnberg: Teilerfolg der Berufung des Herstellers von „Biomineralwasser“
Hinweis der Wettbewerbszentrale: Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln setzt Zertifizierung durch Öko-Kontrollstelle voraus
(28.04.2011, 09:58 Uhr)
Hinweis der Wettbewerbszentrale: Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln setzt Zertifizierung durch Öko-Kontrollstelle voraus
Handel mit Bio-Lebensmitteln oder Bio-Futtermittel: Online-Händer sind kontrollpflichtig
(22.03.2011, 09:01 Uhr)
Handel mit Bio-Lebensmitteln oder Bio-Futtermittel: Online-Händer sind kontrollpflichtig
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
speichern

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.
Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.
Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Kontakt:

IT-Recht Kanzlei

Alter Messeplatz 2
80339 München

Tel.: +49 (0)89 / 130 1433 - 0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433 - 60

E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de

© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei