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OLG Saarbrücken: zur Frage, wann ein Produkt noch als "neu" beworben werden darf

17.09.2014, 09:27 Uhr | Lesezeit: 3 min
OLG Saarbrücken: zur Frage, wann ein Produkt noch als "neu" beworben werden darf

Ungebrauchte Radlager dürfen nach einer Entscheidung des OLG Saarbrücken (Urteil vom 02.04.2014, Az: 1 U 11/13) nicht als neu bezeichnet werden, wenn eine Lagerzeit von etwa 20 Jahren überschritten ist, selbst wenn sie originalverpackt sind und der Hersteller keine Höchstaufbewahrungsgrenze genannt hat. Der Entscheidung kann weiterhin entnommen werden, dass ungebrauchte Verschleißteile eines PKW wie Radlager nur dann als neu bezeichnet werden dürfen, wenn die Lagerzeit die vom Hersteller genannte Höchstaufbewahrungsfrist nicht überschreitet.

Nach Auffassung des OLG Saarbrücken kommt es bei der Frage, ob ein Kugellager noch als neu bezeichnet werden darf, nicht allein auf das Alter des Produkts an. Als „neu“ kann ein derartiges Verschleißteil nur angesehen werden, wenn es

  • nicht bereits in Gebrauch war,
  • nach wie vor in der gleichen technischen Ausführung hergestellt wird,
  • durch die zwischenzeitliche Lagerung keinen Schaden erlitten hat, bzw. die Verkehrskreise dem Alter und der Dauer der Lagerung im Hinblick auf mögliche Lagerschäden keine wertbestimmende Bedeutung beimessen. Für die Frage eines Schadenseintritts ist maßgebend, ob das Produkt trotz der Lagerzeit unbesehen wie „neu“ verwendet werden kann.

Im vorliegenden war nur die Frage zu prüfen, ob die Radlager durch die zwischenzeitliche Lagerung einen Schaden erlitten haben. Die Wahrscheinlichkeit von Schäden steigt bei Verschleißteilen wie Kugellager mit zunehmender Lagerdauer. Bei Kugellagern, die etwa 20 Jahre alt sind, muss ein Käufer nach Auffassung des OLG Saarbrücken diese vor Einbau auf ihre nach wie vor gegebene Verwendungszeit überprüfen, auch wenn der Hersteller keine Angabe zur maximalen Aufbewahrungsdauer gemacht hat. Gibt ein Verkäufer an, die Ware sei „neu“, suggeriert er dem Käufer das Fehlen jeglicher Lagerungsschäden. Da die Lagerzeit und die Lagerbedingungen Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit haben können und eine Überprüfung vor Verwendung der Kugellager bedingen, muss der Verkäufer seine Kenntnis oder auch Nichtkenntnis über diese vertragswesentlichen Umständen offenbaren, da andernfalls der Käufer davon ausgeht, dass die Kugellager unbesehen verwendet werden können.

Fehlt ein klarstellender Hinweis auf die lange Lagerzeit und die damit notwendige Überprüfung der noch gegebenen Funktionsfähigkeit des Produkts, so ist die Bezeichnung als „neu“ irreführend im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerbs.

Hintergrund des Streitverfahrens war eine Klage einer Wettbewerbszentrale, die aufgrund von Beschwerden von Herstellern tätig wurde. Die Hersteller fürchteten, aus Produkthaftung in Anspruch genommen zu werden, ohne Einfluss auf die langjährige (überlange) Lagerung durch den Wiederverkäufer zu haben.

Interessant war im vorliegenden Fall die vom Gericht geprüfte Frage einer durch den Hersteller genannten Höchstaufbewahrungsfrist der Kugellager. Eine Aussage des Herstellers zur Höchstaufbewahrungsdauer war im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es ist aber dem Urteil des Gerichts zu entnehmen, dass die Angabe des Herstellers zur maximalen Lagerzeit für die Bewertung eines Verschleißteiles wie Kugellager als „neu“ eine entscheidende Bedeutung beizumessen ist. Bei Überschreiten der vom Hersteller genannten maximalen Aufbewahrungsdauer kann nach Auffassung des OLG ein Produkt in keinem Fall mehr als neu bezeichnet werden. Es ist damit zu rechnen, dass die Hersteller von Kfz-Verschleißteilen in Zukunft ihre Produkte mit genauen Hinweisen zur maximalen Lagerzeit versehen werden, um ihr Risiko von Produkthaftungsklagen zu mindern. Der Onlinehändler, der mit Kfz-Teilen handelt, sollte sich daher bei der Bezeichnung von Produkten als „neu“ unbedingt an der vom Hersteller genannten Höchstaufbewahrungsdauer orientieren.

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