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Negativbewertung „Versandwucher! Auf Rückfragen unverschämte Massenmails und miese Telefonate. 6-“ unzulässig!

15.07.2010, 10:16 Uhr | Lesezeit: 5 min
Negativbewertung „Versandwucher! Auf Rückfragen unverschämte Massenmails und miese Telefonate. 6-“ unzulässig!

In einem Verfahren, dass beim Amtsgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 4 C 514/09 (04) geführt wurde hatte der Kläger die ihm vom Beklagten erteilte Negativbewertung mit dem Inhalt: „Versandwucher! Auf Rückfragen unverschämte Massenmails und miese Telefonate 6-“, nachdem der Beklagte außergerichtlich kein Einsehen hatte, gerichtlich angreifen müssen, um eine Löschung auf der Onlineauktionsplattform eBay (Bewertungsforum) zu erreichen. Die Klage hatte Erfolg.

(Gastbeitrag v. RA Decker, Rechtsanwälte Andrae & Simmer, Am Stiefel 2, 66111 Saarbrücken)

Wie jenen, die die Internetauktionsplattform eBay als Verkäufer nutzen aus leidvoller Erfahrung bekannt sein dürfte, hat die Änderung der eBay-AGB von Anfang des Jahres 2008 dazu geführt, dass Käufer, die mit keiner Gegenbewertung des Verkäufers mehr zu rechnen haben, teilweise recht willkürlich, jedenfalls aber oft ohne Angst vor Gegenwehr und in überzogener Weise negative (und manchmal auch neutrale) Bewertungen abgeben, die mit dem wahren Ablauf des geschäftlichen Kontakts nichts mehr zu tun haben. Enthalten sind darin zum Teil unwahre Tatsachenangaben und zu einem wohl mindestens ebenso großen Teil Aussagen, die zumindest nach außen hin als Meinungsäußerung erscheinen aber keinerlei sachliche Grundlage haben.

Allgemein kommen aufgrund solcher Bewertungen Löschungsansprüche zum einen auf vertraglicher Grundlage und zum anderen auf deliktsrechtlicher Grundlage in Betracht. Aus vertraglicher Sicht ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischenzeitlich wohl als unstreitig zu betrachten, dass die Regelungen der eBay-AGB, da sie von beiden Vertragsparteien beim Einrichten des Accounts akzeptiert wurden, als Nebenpflichten auch Teil der über die Plattform geschlossenen Kaufverträge werden. Verletzt jemand diese Nebenpflichten, macht er sich nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig. In den eBay-AGB heißt es unter § 6 nun unter anderem, dass nur sachlich kommentiert werden darf. Entbehrt also z. B. ein Bewertungskommentar einer solchen sachlichen Grundlage, kann er, auch wenn er ansonsten als Meinungsäußerung erscheint, gleichwohl eine Nebenpflichtverletzung darstellen und damit rechtswidrig sein. Nach § 280 i. V. m. 249 BGB lässt sich so ein Löschungsanspruch des bewerteten Verkäufers begründen.

Weitere Grundlage kann sein, ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb. Ein solcher begründet unter vorliegend der weiteren Voraussetzung unter Umständen einen Löschungsanspruch nach § 823 i. V. m. § 1004 BGB (analog).

Vorliegend wurde eben jene deliktsrechtliche Grundlage für den Löschungsanspruch vom Amtsgericht Saarbrücken bejaht. Das Gericht begründet die Entscheidung wie folgt:

„ Durch diese Kommentare hat der Beklagte die Rechte des Klägers auf Ausübung seines Gewerbes verletzt und ihn in seiner persönlichen Ehre verletzt. Der Kommentar beinhaltet nicht die Darstellung eines konkreten Handelns des Klägers sondern eine globale und undifferenzierte Wahrnehmung vor dem Kläger, der durch zwei Ausrufzeichen eine besondere Dringlichkeit beigegeben wird. Der Verkäufer wird damit aus unbekannten Gründen als unseriös qualifiziert. Die Beurteilung ist negativ und beinhaltet, weil die ungestörte Gewerbeausübung und zukünftige Verkaufsaktion von vorne herein tangiert werden, einen Eingriff in absolut geschützte Rechte. Unstreitig hat der Beklagte den Kommentar abgegeben und somit den Eingriff veranlasst; er ist also Handlungsstörer im Sinne des § 1004 BGB. Eine Rechtfertigung für diese Form der Beurteilung ist nicht gegeben. Die Beurteilung wäre dann zulässig, wenn dem Leser nachvollziehbar die Hintergründe dargestellt würden und die geschilderten Tatsachen zutreffen würden. Vorliegend suggeriert der Beurteilungskommentar unseriöses Handeln ohne nachvollziehbaren Grund, so dass er bereits von daher überzogen und unzulässig ist. Darüber hinaus ist der Kommentar auch im Kern nicht vertretbar, da der Beklagte im Wege der Auktion von dem Kläger das erhalten hat, was von diesem angeboten wurde. Die Ware entsprach der Geschuldeten. Insbesondere waren auch die Verpackungs- und Versandkosten mit 1,90 € so, wie später berechnet, angegeben worden. Auf die Bewertung „auf Rückfrage unverschämte Massenmails und miese Telefonate“ ist nicht gerechtfertigt. Massenmails sind vom Beklagten nicht dargelegt und bewiesen worden. Ebenfalls fehlt es an Darlegungen, in welcher Form diese unverschämte und eventuelle Telefonate mies gewesen sein sollen. Ein Rechtfertigungsgrund für solche Bewertungen, die geeignet sind, dem Kläger ein unseriöses Handeln vorzuwerfen, sind nicht gegeben.“

Die Bewertung war hier ein Streit zwischen den Kaufvertragsparteien vorausgegangen, der per E-Mail geführt wurde. Dieser betraf die Beschwerde des Beklagten, dass er Ware zum Preis von unter
10,00 € gekauft habe und er dafür 1,90 € bezahlen musste. Ihn störte daran, dass der Brief, der die Ware enthielt, mit nur 0,55 € frankiert war. Das Missverständnis von Versandkosten in Relation zu den von dem Versandunternehmen verlangten Entgelt hatten die Parteien hier nicht aufklären können, so dass sich der Beklagte zu der letztlich erst nach gerichtlicher Intervention gelöschten Bewertung hinreisen ließ.

Das berufungsfähige Urteil wurde vom Beklagten (zu Recht) nicht angegriffen und ist daher nach Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig geworden.

Die Entscheidung stellt ein neues Beispiel dafür dar, wie sehr die Bewertungspraxis auf der Internetauktionsplattform eBay ausgeartet ist, seit besagte AGB-Änderung vorgenommen wurde. Die Entwicklung ist vor allem für die gewerblichen Händler sehr ärgerlich, die aufgrund der großen wirtschaftlichen Bewertung des eBay-Geschäfts an die Plattform gebunden sind und gleichzeitig durch die unzureichenden Regelungen um die Bewertungsplattform, welche leider einen großen Einfluss auf das Fortkommen des Unternehmers bei eBay hat, in nicht zu rechtfertigender Weise gehemmt werden. Die Firma eBay selbst nimmt sich zusehends aus den Diskussionen zwischen den Parteien um die Rechtfertigung von Bewertungen heraus und zieht sich ganz formal auf die Regelungen in den AGB zurück, wonach nur in einzelnen, seltenen, Fällen ein Handeln von eBay selbst geschuldet ist. Wie lange sich die eBay-Händler dieses Vorgehen noch gefallen lassen, bleibt abzuwarten.

(Gastbeitrag v. RA Decker, Rechtsanwälte Andrae & Simmer, Am Stiefel 2, 66111 Saarbrücken)

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2 Kommentare

m
mobascha 23.07.2010, 08:55 Uhr
Gängige Praxis ist das nicht
Auch ich habe eine negative Bewertung erhalten mit dem Komentar: "Ware vollständig bezahlt und nicht erhalten."

Der Käufer hat nicht bezahlt, also rotzfrech gelogen. Die Klage auf Löschung wurde abgewiesen.

Der Negativbewerter und Nichtzahler ist ein Amtsgerichtsdirektor a.D., der bearbeitende Richter ebenfalls Amtsgerichtsdirektor. Somit bewahrheitet sich wieder einmal das Sprichwort, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus".
m
mcs 21.07.2010, 01:51 Uhr
Der Willkür ausgeliefert
Ich habe vor einem guten Jahr von einem ausländischen Käufer (mit ca. 20 kleinpreisigen Bewertungen) eine negative Bewertung erhalten.
Es ging um einen Artikel in der Grössenordnung von knapp 1000 EUR, der Käufer hatte, wie sich aus dem weiteren Verlauf augenscheinlich ergab, seine finanziellen Möglichkeiten überschätzt und konnte den Kaufpreis nicht aufbringen, und das obschon ich bereits in der Artikelbeschreibung zum Ausdruck bringe, dass ich eine umgehende Zahlung via PayPal erwarte.

Nachdem der Käufer nach einer ellenlangen Korrespondenz, entgegenkommenderweise in seiner(!) Sprache, mehreren Fristsetzungen und deren Verlängerungen, sowie der klaren Androhung meines Rücktritts vom Geschäft nach 5 Wochen immer noch nicht bezahlt hatte, bin ich vom Kaufvertreg zurückgetreten, habe eBays internes Abbruchverfahren ordnungsgemäss durchgeführt und schliesslich den Artikel anderweitig (nicht über eBay) veräussert. Zumal mir zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Gebote vorlagen, die ich zugunsten des Nichtzahlers zuvor ausgeschlagen hatte.

Letzlich stellte sich heraus, dass der "Bieter" noch nichteinmal der realen Käuferidentität entsprach und unter einer Strohmann-Adresse und vermutlich einem Fantasie-Namen bei eBay angemeldet war. Allein dies hätte schon ein Löschungsbegehren bzw. eine Annulierung der gesamten Transaktion nach den eBay-eigenen Geschäftsbedingungen beider Länder erlaubt bzw. begründet.

Ich habe daraufhin eine sehr negative Bewertung (davor 100 %) erhalten, die eine nachweislich falsche Tatsachenbehauptung und als "Warnung" an Käufer formulierte Schmähungen enthielt.

Da der Käufer einen ausländischen Wohnsitz, zumal ausserhalb der EU innehatte, erschien mir der Rechtsweg vollkommen aussichtslos.
Ich habe daraufhin eine etwa 15 eMails umfassende 4-wöchige Korrespondenz mit eBay geführt (allein dies eine Zumutung wegen einer einzigen Bewertung!) und sämtliche im Zusammenhang mit dem Vorfall stehenden Tatsachen schriftlich nachgewiesen, die unwahren Behauptungen des nichtzahlenden Käufers als solche zweifelsfrei widerlegt.
Anzumerken wäre noch, dass ich durchaus routiniert in Auseinandersezungen mit eBay bin, aber oft hat allein eBays sog. "Sicherheitsteam" 7 Tage für eine Kurzantwort via elektronischer Post benötigt.

Trotz allem, habe ich von eBay lediglich sich kaum auf den konkreten Sachverhalt und mehrfach repitierende Standardantworten erhalten. Es war offensichtlich, dass man sich konzernseitig überhaupt nicht mit dem konkreten Fall beschäftigt hatte, sondern auf die allgemeine "Abwicklungsrichtlinie" verwies, eBay schreite bei Bewertungsproblemen generell nicht ein (bestimmte, auf meinen Fall sogar weitestgehend zutreffende Ausnahmen wurden ignoriert).

Weiterhin hat es etliche eMails und rund 4 Wochen gebraucht, bis eBay überhaupt die in diesem Fall ja in hoher zweistelliger Grössenordnung angefallene Verkaufsprovision erstattet hat ("schliesslich sei der Artikel ja über die Plattform verkauft worden"), ein zusätzliches erhebliches Ärgernis.

Nun, ich kann mich über das Verhalten eBays nicht mehr aufregen, die aus der Monopolstellung resultierende "Gutsherrenart" ist weithin bekannt und wird von mir in Abwägung gegen den Nutzen der Plattform bislang geduldet.

Nichts desto trotz bin ich der Meinung, eBay hat sich im konkreten Fall als absolut unseriös und aus Verkäufersicht vollkommen unzuverlässiger Partner erwiesen (eben auch mit Blick auf die eigenen "Richtlinien"), wie ich es zuvor noch niemals von einem anderen Internetdienstleister in dieser negativen Qualität erlebt habe.

So möchte ich aus dieser Erfahrung heraus hier nur anderen Lesern den Rat geben, keine Zeit auf Diskussionen mit eBay zu verschwenden. Der einzige konkrete Ratschlag, den ich geben möchte, ist immer mehrere eBay-Konten parallel zu unterhalten.

So können Sie im Zweifelsfall ausweichen, negative Bewertungen verschwinden (wie auch positive) nach Ablauf von einem Jahr automatisch aus dem Profil, und der Account ist dann wieder "unbelastet". Dies ist am Rande bemerkt auch der einzige Ratschlag, den ich aus dem Mund eines hilfs- und offensichtlich gänzlich "macht"losen Mitarbeiters in eBays telefonischem Kundenservice erhalten habe.

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