Kauft ein Verbraucher eine Ware über das Internet, steht ihm bekanntlich gemäß Paragraf 312d des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein zweiwöchiges Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen zu. Wie die Belehrung über das Widerrufsrecht auszusehen hat, regelt Paragraf 355 BGB. Diese Vorschrift ist aber so kompliziert, dass bereits zum Zeitpunkt ihres in Krafttretens bei Internethändler große Unsicherheit herrschte, wie die korrekte Widerrufsbelehrung zu formulieren sei.
So entschied das zuständige Bundesjustizministerium, ein Musterformular zu entwerfen. Diese ist abgedruckt in Anhang 2 zu Paragraf 14 BGB-InfoV. Leider war die Musterformulierung schlampig gemacht und wies nicht die nötige Transparenz aus, die von AGB und erst Recht von einer Musterformulierung zu erwarten ist. Die juristische Literatur und die BGB-Kommentare wiesen auf diesen Umstand in schöner Eintracht hin.
Nun hat auch die Rechtsprechung reagiert. Das LG Halle entschied in seinem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil bereits Mitte Mai des vorigen Jahres (Az. 1 S 28/05), dass das Muster nicht das Papier wert sei, auf dem es gedruckt ist. So führe das Formular den Verbraucher in die Irre, weil ihm unter anderem nicht deutlich vor Augen geführt werde, ab wann die Widerrufsfrist überhaupt beginne. Da einige Formulierungen nicht dem Paragrafen 355 BGB ausreichend Rechnung tragen, sei das amtliche Muster wirkungslos.
Die Auswirkungen der Entscheidung aus Halle sind für jene Gewerbetreibende, die sich des Musters beim Abschluss von Kaufverträgen bedienen, noch unklar. Manch einer befürchtet nun, dass in diesen Fällen die Widerrufsfrist überhaupt nicht in Gang gesetzt wurde und der Kunde bei diesen Altverträgen auch Jahre später noch die Ware zurückgegeben könne und sein Geld zurückerhalte.
Trotz des Richterspruchs aus Halle sollte das Muster weiterhin verwendet werden. Das Formular hat aufgrund einer rechtlichen Neuregelung seit dem 8. Dezember 2004 den Rang eines Gesetzes und ist ab diesem Zeitpunkt in Bezug auf Neuverträge wirksam.. Sollten weitere Gerichte dem Urteil des LG Halle folgen und Händlern durch verspätete Warenrückgaben Schäden entstehen, kann das Bundesjustizministerium in Regress genommen werden.
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tommyS / PIXELIO
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