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Markenverletzung ohne Marke?...was zurückgewiesene Marken alles anrichten können

20.05.2014, 10:08 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Yanina Bloch
Markenverletzung ohne Marke?...was zurückgewiesene Marken alles anrichten können

Mit seinem aktuellen Urteil vom 22.01.2014 (Az.: I ZR 71/12) entschied der Bundesgerichtshof, dass auch eine vom Markenamt zurückgewiesene Markeneintragung eine Markenrechtsverletzung darstellen kann. Voraussetzung hierfür ist neben einer bestehenden Verwechslungsgefahr zu einer bereits eingetragenen Marke, va. eine fortbestehende Erstbegehungsgefahr – letztere wird mit Anmeldung der Marke vermutet, sofern keine Umstände vorliegen, die gegen eine konkrete Benutzungsabsicht sprechen.

I. Das Problem

Will man ein Zeichen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Marke eintragen lassen, ist es äußerst ratsam im Vorfeld eine sogenannte Kollisionsprüfung durchzuführen. Im Rahmen einer Kollisionsprüfung wird untersucht, ob gegebenenfalls eine Verwechslungsgefahr mit bereits eingetragenen Marken besteht.

Ohne eine solche Kollisionsprüfung kann es dazu kommen, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt die Verletzung von Markenrechten Dritter gerügt wird, sodass die eigene, eventuell bereits eingetragene Marke wieder gelöscht wird. Während des Anmeldungsverfahrens beim DPMA wird eine Kollisionsprüfung nämlich nicht durchgeführt. Erst mit dem Widerspruch gegen die Anmeldung durch den Inhaber einer prioritätsälteren Marke wird in diesem Fall eine Kollision offensichtlich.

Doch auch bei Zurückweisung einer Markenanmeldung durch das DPMA kann eine Markenrechtsverletzung gegeben sein.

Aufgrund der Anmeldung eines Zeichens als Marke wird im Regelfall nämlich vermutet, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen.

Der Bundesgerichtshof hatte kürzlich in seinem Urteil vom 22.01.2014 (Az.: I ZR 71/12)
zu entschieden, welche Umstände ausreichen um eine Benutzungsabsicht auszuschließen. In der streitgegenständlichen Konstellation ging es um ein in Großbritannien tätiges Unternehmen, das seine Kartoffelchips unter dem Namen „real“ anbietet.

Die Supermarktkette real,- sah sich dadurch in ihren Rechen verletzt und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Im Anschluss darauf meldete das britische Unternehmen die Wortbildmarken „REAKL“ und „REAL crisps“ beim DPMA für diverse Lebensmittel an. Das DPMA wies die Anmeldung jedoch zurück, weil die Zeichen nicht unterscheidungskräftig seien. Da kein Rechtsmittel eingelegt wurde, ist die Entscheidung des DPMA bestandskräftig geworden. Die Supermarktkette real,- ging dennoch gegen die Verwendung der zurückgewiesenen Marke im Wege einer Unterlassungsklage vor.

1

II. Die Entscheidung

Die Richter des Bundesgerichtshofs stellten sich auf die Seite der Klägerin und erklärten die Revision der Beklagten für unbegründet.

Das letztinstanzliche Gericht bestätigte, dass der Kläger von der Beklagten verlangen kann, die Verwendung der Bezeichnung „REAL“ bzw. „REAL Crisps“ für die Waren der Klassen 29 und 30 zu unterlassen. Grund hierfür ist erstens, dass zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Zeichen Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht.

"Zwischen dem die Klagemarke prägenden Markenwort "real" und den unterscheidungskräftigen Bestandteilen der angegriffenen Zeichen, die das Berufungsgericht ebenfalls in dem jeweiligen Wortbestandteil "REAL" gesehen hat, besteht klangliche Identität und damit bezogen auf die zum Teil aus mehreren Wörtern zusammengesetzten Kollisionszeichen (Klagemarke "real,- QUALITY" und "REAL Crisps") zumindest hochgradige klangliche Ähnlichkeit."

Zweitens nahm auch der BGH, wie zuvor das Berufungsgericht, das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr für die Nutzung der Wortmarken „ REAL“ und „REAL Crisps“ an.

Eine Erstbegehungsgefahr ist bei Anmeldung eines Zeichens als Marke zu vermuten, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine Benutzungsabsicht sprechen.

"In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf die Motivation der Beklagten bei der Markenanmeldung an. Deshalb ist es unerheblich, ob es der Beklagten mit der Anmeldung der Marken allein darum ging, von den Registerinstanzen eine Bestätigung für eine fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Zeichen zu erhalten. Dies sagt nichts darüber aus, ob die Beklagte nach Zurückweisung der Markenanmeldung die Zeichen im Inland benutzen wird."

Einen Fortfall der Erstbegehungsgefahr konnte das Gericht nicht feststellen. An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr, so die Richter, seien grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall einer Wiederholungsgefahr, da für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung bestehe. Daher genüge für die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr grundsätzlich ein „actus contrarius“, das heißt ein der Begründungsgefahr entgegengesetztes Verhalten.

Eine bloße Nichteinlegung von Rechtsmitteln reiche aber ausdrücklich nicht aus um als ein solcher „actus contrarius“ qualifiziert zu werden.

"Der Senat hat zwar entschieden, dass die Rücknahme der Markenanmeldung oder ein Verzicht auf die Eintragung der Marke regelmäßig zum Fortfall der Erstbegehungsgefahr führt. Diese Fälle sind aber mit dem Streitfall nicht vergleichbar, weil jeweils eine bewusste, auf die Erzielung einer bestimmten Rechtswirkung gerichtete Handlung des Anmelders nach außen vorliegt, die der Annahme entgegensteht, er werde die angemeldeten Zeichen nutzen."

Ein schlichtes Untätigbleiben, wie etwa die unterbliebene Einlegung eines Rechtsmittels, kann daher eine durch die Markenanmeldung begründete Erstbegehungsgefahr nicht beseitigen.

III. Unser Fazit

Es ist also tunlichst zu vermeiden ein Zeichen anzumelden um sich lediglich die fehlende Unterscheidungskraft von den Registerinstanzen bescheinigen zu lassen. Vielmehr muss im Vorfeld einer Markenanmeldung eine intensive Recherche im Rahmen einer Kollisionsprüfung erfolgen.

Im Übrigen kann die aus der Anmeldung resultierende Erstbegehungsgefahr dann nur durch Rücknahme der Markenanmeldung oder durch Verzicht auf die Eintragung der Marke beseitigt werden. Nicht jedoch d

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