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OLG Hamm: eBay-Angebot über multifunktionale Kfz-Bauteile ohne Prüfzeichen unzulässig, wenn Möglichkeit einer bauartgenehmigungspflichtigen Verwendung besteht

01.08.2014, 18:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
OLG Hamm: eBay-Angebot über multifunktionale Kfz-Bauteile ohne Prüfzeichen unzulässig, wenn Möglichkeit einer bauartgenehmigungspflichtigen Verwendung besteht

An den Vertrieb von Fahrzeugteilen oder im Straßenverkehr einsetzbarer Sonderausstattung werden aus Gründen der Verkehrssicherheit hohe Anforderungen gestellt. So sieht die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) in §22a für eine breite Spanne von Bauteilen nicht nur die Pflicht in einer amtlich genehmigten Bauart vor, sondern lässt zudem deren Vertrieb nur zu, wenn die Teile mit einem amtlich vergebenen individuellen Prüfzeichen versehen sind.

Mit Urteil vom 11.03.2014 (Az.: 4 U 127/13) hat das OLG Hamm entschieden, dass auch multifunktionale Bauteile dann eines Prüfzeichens bedürfen, wenn sie sich zumindest auch für einen bauartgenehmigungspflichtigen Verwendungszweck eignen. Online-Angebote von Bauteilen ohne amtliches Prüfzeichen, die auf eine derartige Verwendungsmöglichkeit hinweisen, verstoßen somit gegen §4 Nr. 11 UWG i.V.m. §22a Abs. 2 StVZO und sind wettbewerbswidrig.

Der Sachverhalt

Das Gericht hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitbewerber gegen einen Online-Anbieter von Fahrzeugteilen und –zubehör auf Unterlassung klagte, der über eBay LED-Soffitten als Kfz-Leuchtmittel anbot. Diese wurden in China hergestellt und verfügten nicht über amtliche Prüfzeichen nach §22a Abs. 2 StVZO, welche nach Meinung des Klägers aber erforderlich waren, weil deren Verwendungsmöglichkeit als Kennzeichenbeleuchtung im Angebot ausgewiesen war. Kennzeichenbeleuchtungen unterliegen nach §22a Abs. 1 Nr. 18 und Nr. 21 aber der Bauartgenehmigungs- und mithin nach Abs. 2 der Prüfzeichenpflicht.
Der Beklagte war demgegenüber der Ansicht, keinen Verstoß begangen zu haben, weil sich das Leuchtmittel auch für andere, kein Prüfzeichen voraussetzende Zwecke einsetzen ließ. Auf eben diese hatte er in seinem Angebot mit der Formulierung „Verwendbar als Innenraumbeleuchtung, Kofferraumbeleuchtung, Leseleuchten, Kennzeichenbeleuchtung“ hingewiesen, zumal er mit dem Passus „Im Bereich der StVO/StVZO nicht zugelassen !" auf die fehlende amtliche Genehmigung Bezug genommen hatte.

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Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht gab der Unterlassungsklage statt und bejahte einen Verstoß gegen §4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §22a Abs. 2 StVZO. Bei letzterer Vorschrift handle es sich angesichts der Voraussetzung eines Prüfzeichens mit Blick auf die Zulässigkeit des Anbieten, des Erwerbs, der Veräußerung und der Verwendung von Fahrzeugteilen um eine Marktverhaltensnorm. Insofern diene die Vorschrift nämlich dem Schutz des Verbrauchers beim Gebrauch der erworbenen Ware und mithin auch seinen durch die Marktteilnahme berührten Interessen.

Sodann führte das Gericht an, inwiefern der Beklagte gegen §22a Abs. 2 StVZO verstoßen hatte.
Mit der Eignung des Leuchtmittels als Kennzeichenbeleuchtung unterliege das Bauteil nach §22a Abs. 1 Nr. 18, Nr. 21 StVZO der Baugenehmigungspflicht und erfordere mithin nach Abs. 2 ein Prüfzeichen, das im vorliegenden Fall nicht vergeben worden war.

Dem stehe nicht entgegen, dass das Leuchtmittel auch für nicht baugenehmigungspflichte Zwecke im Kfz-Bereich einsetzbar sei. Bei der Frage, ob ein Bauteil der Baugenehmigungs- und somit auch der Prüfzeichenpflicht unterliege, komme es ausschließlich auf die objektive Verwendungsmöglichkeit an. Dies ergebe sich bereits aus dem Normzweck, nach dem im Interesse der Verkehrssicherheit der Gefahr entgegengewirkt werden solle, dass nicht amtlich genehmigte Teile, bei denen Tauglichkeitsmangel nicht auszuschließen seien, angeboten oder vertrieben werden.

Würde man indes den Anwendungsbereich der Pflichten verneinen, wenn sich ein Teil auch für Verwendungszwecke außerhalb des amtlichen Genehmigungsbereichs eigne, so könne nicht gewährleistet werden, dass dieses nicht doch in unzulässiger Weise an Fahrzeugen angebracht und sodann im Straßenverkehr genutzt werde.

Abweichendes ergebe sich auch nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach der die Pflichten nur im Geltungsbereich der Verordnung greifen. Der Geltungsbereich beziehe sich nämlich nicht auf den sachlichen Verwendungsbereich, nach dem multifunktionale Einsatzmöglichkeiten auszuschließen seien, sondern vielmehr auf die territoriale Reichweite der Norm bis zu den Grenzen des Bundesgebietes.

Selbst aber, wenn nicht auf die objektive Verwendungsmöglichkeit, sondern auf die subjektive Absicht des Anbieters abzustellen wäre, ergebe sich im konkreten Fall nichts anderes. Insofern nämlich hat der Beklagte das Bauteil in der Angebotsüberschrift ausdrücklich als Kennzeichenbeleuchtung ausgewiesen. Die Annahme, dass diese mangels Prüfzeichens im öffentlichen Verkehr nicht einsetzbar sei, könne daher von Verbrauchern nicht erwartet werden und widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung. An der Feststellung vermag auch der Verweis „Im Bereich der StVO/StVZO nicht zugelassen !“ nichts zu ändern, da dieser bei objektiver Betrachtung keinen Hinweis der Zulässigkeitsbeschränkungen gegenüber Verbrauchern darstelle, sondern vielmehr dazu diene, den Anbieter bei etwaigen behördlichen Problemen wegen des Einsatzes der Leuchtmittel aus der Verantwortung zu nehmen.

Schließlich stellte das Gericht angesichts der betroffenen Schutzsphäre der Verbrauchersicherheit und –gesundheit im Straßenverkehr die Spürbarkeit des Verstoßes fest.

Fazit

Kfz-Bauteile, die der Bauartgenehmigungspflicht nach §22a Abs. 1 StVZO unterliegen, dürfen nach Abs. 2 nur angeboten und vertrieben werden, wenn sie mit einem amtlichen Prüfzeichen versehen sind. Für den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Komponenten wird ein objektiver Maßstab dahingehend angesetzt, dass auch multifunktionale Teile erfasst werden, sofern sie sich zumindest auch für eine bauartgenehmigungspflichte Verwendung eignen.

Werden derartige Bauteile ohne Prüfzeichen mit Verweis auf die pflichtenauslösende Verwendungsmöglichkeit angeboten, stellt dies angesichts der gefährdeten Verkehrssicherheit einen Verstoß gegen §4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit obiger Ordnungsvorschrift dar. Dies gilt selbst dann, wenn das Angebot einen vermeintlichen Hinweis auf Einsatzbeschränkungen innerhalb des öffentlichen Verkehrs beinhaltet.

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