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Schlüsselfunktion - Keyselling als Urheberrechtsverletzung

29.10.2014, 11:07 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Bodo Matthias Wedell
Schlüsselfunktion - Keyselling als Urheberrechtsverletzung

Das LG Berlin hatte sich unlängst mit der Frage zu beschäftigen, ob der isolierte Verkauf von Produktschlüsseln (sog. keys) mit denen ein auf einem Datenträger gespeichertes Computerspiel freigeschaltet oder aus dem Internet heruntergeladen werden kann die Urheberrechte des Rechtsinhabers verletzt. Stein des Anstoßes war die Unterlassungsklage eines Computerspielproduzenten, der gegen einen Onlinehändler von derartigen Produktschlüsseln (keys) vorging, vgl. LG Berlin, Urteil vom 11.03. 2014, Az: 16 O 73/13.

Was war passiert?

Der Kläger betrieb einen Onlinehandel und veräußerte dort die Produktschüssel von Computerspielen. Mit diesen sog. keys kann das auf einem Datenträger vorhandene Computerspiel freigeschaltet bzw. aus dem Internet heruntergeladen werden. Diese Produktschlüssel hatte der Kläger aus dem Ausland erhalten. Die zu den Produktschlüsseln zugehörigen physischen Datenträger, sofern vorhanden, wurden inklusive des passenden Produktschlüssels nach der Übermittlung an den Kunden vernichtet, so dass der key unstreitig vom Kläger nur einmal verwendet wurde. Der Inhaber der Rechte am Computerspiel mahnte den Onlinehändler wegen dieser Geschäftspraxis ab und argumentierte dass hierdurch sein Urheberrecht, sowie sein Recht an der Vervielfältigung verletzt würden. Der Onlinehändler wiederum ging mittels einer negativen Feststellungsklage gegen den Rechtsinhaber vor und wollte gerichtlich festgestellt haben, dass sein betriebenes Geschäftsmodell gerade nicht gegen Urheberrechte sowie das Vervielfältigungsrecht verstößt.

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Das Problem:

Auch im Urheberrecht gibt es Konstellationen, in denen eine Durchsetzung von Abwehrrechten gegenüber Dritten von Seiten des Berechtigten nicht möglich ist. Dieses ist beispielsweise dann der Fall, wenn die geschützte Ware mit Zustimmung des Berechtigten in den europäischen Wirtschaftsraum eingebracht wurde und dann Weiterveräußert wird. Sinn und Zweck dieser urheberrechtlichen Erschöpfung ist die Erhaltung der Leichtigkeit des Handelsverkehrs Dem Erwerber sollen keine Prüfpflichten bezüglich etwaigen Rechten auferlegt werden.

Der rechtliche Rahmen:
Der Onlinehändler stützte seinen Feststellungsantrag auf eine urheberrechtliche Erschöpfung nach § 17 Abs. 2 UrhG.

"§ 17 UrhG - Verbreitungsrecht (Auszug der entscheidungsrelevanten Passage)
„(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig."
Der Kläger argumentierte, dass sofern das Original oder Vervielfältigungen eines urheberrechtlich geschützten Werkes mit Zustimmung des Berechtigten im europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr eingebracht wurde, ein weiterer Handel dann ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig sei."

Die Entscheidung des Gerichts:

Das LG Berlin folgte der Rechtsansicht des Klägers nicht und urteilte, dass eine urheberrechtliche Erschöpfung nur dann eintreten könne, sofern der Produktschlüssel mit dem physischen Datenträger zusammen in einer Einheit weitergegeben wird. Sofern der Verkäufer wie in dieser Konstellation diese Einheit aufspaltet und nur den Produktschlüssel weitergibt, verändere er die dem Produkt vom Rechtsinhaber gegebene Form. Er veräußert dann nicht dasselbe, sondern ein anderes Produkt, zu dem eine Zustimmung des Rechtsinhabers fehlt. In diesem Fall kann eine urheberrechtliche Erschöpfung von vornherein nicht eintreten.
Das LG Berlin erkannte für Recht, dass der Kläger durch seine Vertriebspraxis das Vervielfältigungsrecht der Beklagten verletzt hatte. Indem er den Produktschlüssel vom physischen Produkt trennte, eröffnet er nämlich so dem Verbraucher die Möglichkeit das Programm zu vervielfältigen, was vom Rechtsinhaber nicht gewünscht ist.

Zudem wurde nämlich durch die Trennung von Produktschlüssel und Datenträger eine technische Schutzmaßnahme im Sinne von § 95a UrhG umgangen.
Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage, ob auch durch unkörperliche Verbreitung z.B. im Internet eine Erschöpfung eintreten kann, so wie es der EuGH in dem Fall „UsedSoft“ (GRUR 2012, 904) entscheiden hatte, war nach der Ansicht des LG Berlin hier nicht entscheidungserheblich. Der EuGH hatte mit dieser Entscheidung eine urheberrechtliche Erschöpfung auch an unkörperlichen Vervielfältigungen etabliert, die dem deutschen Recht in dieser Form fremd ist. Sofern allerdies die Grundaussagen des EuGH-Urteils herangezogen werden, ändere dies an der vorliegenden Entscheidung nichts. Dieses liegt an zwei Grünen:
Zum einen liegen bei hybriden Werken wie dem vorliegenden Spiel keine reinen Computerprogramme vor. Dies liegt daran, dass Filmsequenzen gezeigt werden.

Zum anderen wurde im Fall des EUGH das streitgegenständliche Produkt lediglich digital vertrieben, was in der Konstellation, über die das LG Berlin zu entscheiden hatte ebenso nicht der Fall war. Beide Gegebenheiten, die der Entscheidung des EUGH lagen, waren nicht gegeben, so dass eine abweichende Entscheidung des LG Berlin möglich war.

Unser Fazit:

Die Entscheidung des LG Berlin macht deutlich, dass auch einem unkörperlichen Produktschlüssel ein urheberrechtlicher Schutz zuerkannt wird. Der Produktschlüssel und das dazugehörige Computerspiel werden nach der Judikatur als eine Einheit anerkannt. Im Falle der Existenz von Produktschlüssel und Datenträger wird damit impliziert, dass beide nur in Kombination und damit als Einheit handelbar sind und ein externer Markt von Produktschlüsseln nicht gegeben ist. Mit diesem Urteil erfahren die Urheberrechte von Computerspielproduzenten eine enorme Aufwertung.

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Bildquelle:
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