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Kündigung eines Wartungsvertrages bei Abschaltung des Systems?

14.06.2011, 12:28 Uhr | Lesezeit: 4 min
Kündigung eines Wartungsvertrages bei Abschaltung des Systems?

Bundesgerichtshof: Keine vorzeitige Kündigung eines DSL-Anschlusses bei Umzug Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Bundesgerichtshof: Keine vorzeitige Kündigung eines DSL-Anschlusses bei Umzug" veröffentlicht.

Die praktisch immer wieder relevante Frage der außerordentlichen Kündigung eines Wartungs- bzw. Pflegevertrages bei Abschaltung des betroffenen Systems ist bislang in der Rechtsprechung nicht entschieden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur vorzeitigen Kündigung eines DSL Vertrages (II ZR 57/10) vom 11. November 2010 könnte jedoch wertvolle Hinweise bieten.

Üblicherweise werden Wartungs-und Pflegeverträge für Hard- und Software über einen längeren Zeitraum abgeschlossen. Dies hat für beide Seiten Vorteile:

  • Der Nutzer hat die Sicherheit, das eingesetzte System auch für die vorgesehene Nutzungsdauer nutzen zu können.
  • Der Anbieter kann für diesen Zeitraum mit fest einzuplanenden Einnahmen rechnen, und
  • Der Nutzer erhält durch die Vereinbarung einer längeren Laufzeit einen meist erheblichen Rabatt gegenüber dem Preis eines Vertrages mit kürzerer Laufzeit.

Ändern sich die Anforderungen des Nutzers kommt es oft vor, dass nicht mehr benötige Hard- bzw. Software abgeschaltet wird. Dann wird oft versucht, die noch laufenden Wartungs- und Pflegeverträge außerordentlich vor Ablauf der regulären Laufzeit zu kündigen.

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Außerordentliche Kündigung

Ungeachtet welcher Vertragstyp der Supportvertrag darstellt, gibt es für alle Verträge grundsätzlich die Möglichkeit, einen Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes fristlos zu kündigen. Der BGH stellt klar, dass die Voraussetzungen des §626 BGB und des §314 BGB „inhaltlich im Wesentlichen gleich“ sind. Demnach sei Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden könne.

„Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungs-grund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung.“

Entscheidet sich der Nutzer einer Software oder eines Rechners, diese nicht mehr nutzen zu wollen, entstammt der Kündigungsgrund eindeutig aus der Interessensphäre des Nutzers. Anders kann der Fall liegen, wenn der Wartungsanbieter einseitig die Leistungen ändert oder seine Preise erhöht. Der Nutzer, der infolge Abschaltung des betroffenen Systems die vertraglichen Leistungen nicht mehr in Anspruch nimmt, hat zwar im Ausgangspunkt unter dem Blickwinkel der Vertragsparität ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Wartungsanbieter kein Entgelt mehr zu entrichten. Der Nutzer, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung abschließt, trägt aber grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stellt ein autonomes Abschalten der zu pflegenden Software bzw. der zu wartenden Hardware prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Die Gründe für die Entscheidung eine gewisse Soft- oder Hardware nicht weiter nutzen zu wollen, liegen allein in der Sphäre des Nutzers und sind von dem Anbieter der Leistung nicht beeinflussbar.

So hat der BGH auch kein Einsehen gegenüber dem Nutzer, der ohne Gegenleistung bis zum ordentlichen Ende der Vertragslaufzeit den brach liegenden Vertrag bezahlen muss.

„…. ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit oder monatlicher Kündbarkeit zu höheren Kosten wäre möglich gewesen. Hieraus ergibt sich, dass auch nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag das Risiko der Verwendbarkeit des DSL-Anschlusses während der vereinbarten Laufzeit beim Kläger liegt, denn dieser hat um seines pekuniären Vorteils Willen die vergleichsweise lange Vertragsdauer in Kauf genommen.“

Einer Einsparmöglichkeit des Nutzers zulasten des Anbieters hat der BGH somit eine klare Absage erteilt. Es sei dem Anbieter der Leistung nicht zumuten, auf den während der vereinbarten Mindestlaufzeit kalkulierten Gewinn zu verzichten.

Werkvertrag

Nimmt man an, ein Wartungsvertrag sei als Werkvertrag zu qualifizieren, bleibt dem Nutzer immer noch das Recht aus §649 BGB jederzeit den Vertrag zu kündigen. Dann wäre der Nutzer aber verpflichtet, die vereinbarte Vergütung bis zum ordentlichen Vertragsende zu bezahlen. Der Wartungsanbieter muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, „was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt“. Bei dem „Versicherungsgeschäft“ der Wartung- und Pflege wird sich dieser Abzug nur schwer ermitteln lassen. Mindestens wird dem Anbieter gemäß § 649 Satz 3 BGB 5% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.

Praxistip

Eine Kündigung eines dienstvertraglich gestalteten Wartungs – bzw. Pflegevertrages ist bei einem Abschalten bzw. Abbau der Systeme während der Vertragslaufzeit nicht möglich. Hier sind die fälligen Zahlungen bis Vertragsende zu erbringen.

Aufgrund der Regelung in §649 BGB ist bei werkvertraglich ausgestalteten Wartungsverträgen eine Kündigung jederzeit ohne wichtigen Grund möglich. In AGB ist dieses Kündigungsrecht nicht abdingbar.

Generell ist aus Anbietersicht zu raten, Wartungs- und besonders Pflegeverträge in werkvertraglicher Ausgestaltung zu vermeiden. Nicht nur zur Vermeidung einer vorzeitigen Vertragskündigung. Nutzer werden eine genau gegenteilige Zielrichtung haben.

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2 Kommentare

K
Kienecker 14.07.2022, 15:03 Uhr
Dr.
Bei unvorhersehbarer Geschäftsaufgabe oder Beendigung ist ein z.B. Telekomvertrag gegenstandslos geworden. Der Anbieter liefert nichts mehr, hat also keinen Aufwand und Nachteil. Der ehemalige Nutzer nimmt den Anbieter nicht mehr in Anspruch.
Der ehemalige Nutzer ist nicht für den Verdienstausfall des Anbieters veranwortlich. Das bleibt sein Geschäftsrisiko.
D
D 20.11.2020, 01:32 Uhr
Was ist mit automatischen Vertragsverlängerungen?
Angenommen es existiert ein Wartungsvertrag, der sich automatisch um weitere 3 Monate verlängert.
Die dazugehörige Website wurde auf schriftlichen Wunsch des Nutzers vom Anbieter offline genommen, der Vertrag aber nie ordentlich gekündigt.

Der Anbieter hat nun zumindest das Recht bis zum Vertragende die Zahlungen zu erhalten.

Meine Frage ist jetzt, wird der Vertrag weiterhin automatisch verlängert obwohl der Vertragsgegenstand, also die Website nicht mehr online ist? Technisch gesehen könnte die Website auch offline weiterhin gewartet werden. Sinn machen würde das aber eher weniger.

Soll heissen, wenn der Kunde versäumt den Vertrag ordentlich zu kündigen, kann der Anbieter den Vertrag immer weiter automatisch verlängern und Geld verlangen obwohl die Website nicht mehr online ist?

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