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Vergessen? Gibt's nicht! Zum Auskunftsanspruch bei Markenverletzungen

08.06.2016, 12:37 Uhr | Lesezeit: 3 min
Vergessen? Gibt's nicht! Zum Auskunftsanspruch bei Markenverletzungen

Der Schuldner einer Markenverletzung ist verpflichtet, umfassend Auskunft zu erteilen. Ist er hierzu nicht (mehr) in der Lage, ist es ihm zumutbar, die notwendigen Informationen notfalls durch Nachfrage bei Lieferanten und Abnehmern zu ermitteln.

Ist man in seinen Markenrechten verletzt und beabsichtigt Schadensersatzansprüche durchzusetzen, ermöglicht § 19 MarkenG einen umfassenden Auskunftsanspruch. So kann zum einen vom Verletzer Auskunft über die Art und den Umfang seiner Umsätze mit den widerrechtlich gekennzeichneten Waren verlangt werden, zum anderen kann von jeder Person, die mit der „gefälschten" Ware angetroffen wird (z.B. Händler), Auskunft über die Herkunft, Vertriebsweg der Waren, Namen und Adresse beabsichtigt werden. Doch was passiert, wenn die begehrte Auskunft nur zum Teil preisgegeben wird?

Hierzu mussten die Richter des OLG Frankfurts a.M. jüngst mit Urteil vom 07.03.2016 (Az.-: 6 W 19/16) in einem Verfahren entscheiden, in dem der Kläger Auskunft aufgrund einer von der Beklagten begangenen Markenverletzung verlangte. In dem zugrunde liegenden Fall teilte die Beklagte zwar zum Teil die begehrten Informationen mit, gab aber ebenso zu verstehen, dass sie über den teilweise zehn Jahre zurückliegenden Zeitraum über keinerlei weitere Kenntnisse mehr verfüge und daher eine Auskunftserteilung nicht möglich sei. Insbesondere machte die Beklagte im zu entscheidenden Fall keinerlei Angaben zur ungefähren Anzahl der Rechnungen, der Rechnungsadressaten und zu den üblichen Rechnungsbeträgen. Sie legte lediglich Kunden mit Dauerverträgen mit „C, G und F“ dar, bestimmte "weitere unbedeutende Kunden mit einzelnen Maßnahmen" und berief sich auf den Umstand, dass sich die Marke auf Rechnungen und Arbeitsnachweisen befunden habe. Ab einem bestimmten Zeitpunkt sei es ihr aber nicht mehr möglich gewesen auf ihre Unterlagen zuzugreifen, weil ihr ab diesem Tag vom Kläger der Zugang zu den gemeinsamen Büroräumen verwehrt wurde.

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Ungefähre Angaben für die Auskunftserteilung ausreichend, aber auch erforderlich

Für die Frankfurter Richter eine eindeutig ungenügende Auskunftserteilung. Das Gericht gab zu verstehen, dass die Beklagte in jedem Falle Auskunft insoweit erteilen müsse, als dies aus dem Gedächtnis ihrer Verantwortlichen noch möglich sei. Wenn die exakten Zahlen nicht mehr ermittelt werden könnten, sei es im Zweifel auch ausreichend, Angaben zur ungefähren Anzahl der Rechnungen, der Rechnungsadressaten und zu den üblichen Rechnungsbeträgen zu machen.

"Diese Angaben sind nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist zwar, dass die Vorgänge, über die Auskunft zu erteilen ist, länger als zehn Jahre zurückliegen. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Vorgänge nach so langer Zeit nicht mehr lückenlos aufklären lassen. Die Beklagte hat jedoch ihre Erkenntnismöglichkeiten ersichtlich nicht ausgeschöpft. Für die Zeit zwischen dem „…“ und dem „…“ hat die Beklagte bislang nicht eindeutig erklärt ob und gegebenenfalls welche Unterlagen noch vorhanden sind. Für die Zeit vor dem „…“ hat sie keine ausreichenden Nachforschungen angestellt."

Nachforschungspflicht der Beklagten

Verfüge die Beklagte selbst nicht mehr über die notwendigen Daten, müsse sie die aus dem Gedächtnis rekonstruierbaren Kunden anschreiben und um Mithilfe bitten. Dem Schuldner sei zumutbar, die notwendigen Informationen notfalls durch Nachfrage bei Lieferanten und Abnehmern zu ermitteln, erläuterte das Gericht.

"Sie hat nicht dargelegt, um welche konkreten weiteren Kunden es ging. Sie hat auch nicht dargelegt, dass deren Namen durchweg nicht mehr erinnerlich sind. Sofern die Beklagte keine Kenntnis mehr über die Anzahl der an Kunden geschickten Rechnungen und Arbeitsnachweise und über die Rechnungsbeträge bzw. deren Bezahlung hat, muss sie die aus dem Gedächtnis rekonstruierbaren Kunden anschreiben und um Mithilfe bitten."

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gerechtfertigt

Da die Beklagte all diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, seien entsprechende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, urteilten die Richter.

Das Urteil zeigt deutlich, dass man sich nicht mit einem ungenügenden Auskunftsanspruch zufrieden geben muss. Im Gegenteil, so lange es dem Verletzer möglich und zumutbar ist, muss dieser gewissen Nachforschungen nachgehen, um dem Markeninhaber eine umfassende Auskunft zu erteilen.

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