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Gesetzesänderung für den Handel mit digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen in Sicht

25.11.2020, 09:02 Uhr | Lesezeit: 6 min
Gesetzesänderung für den Handel mit digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen in Sicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat kürzlich einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (dID-Richtlinie) veröffentlicht. Dieser beinhaltet einige gesetzliche Änderungen für den Handel mit Software, Apps oder E-Books und betrifft daher auch Online-Händler, die entsprechende Inhalte und/oder Dienstleistungen anbieten.

I. Rechtlicher Hintergrund

Der Handel mit digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen gewinnt auch auf dem EU-Markt zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung. Bisher fehlen in einigen Mitgliedstaaten – so auch in Deutschland – aber noch spezielle Vorschriften für Verbraucherverträge über digitale Produkte.

Durch die dID-Richtlinie sollen digitale Inhalte und Dienstleistungen in den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten einen einheitlichen Regelungsgehalt erhalten. Ziel der Richtlinie ist die Harmonisierung von Teilbereichen des mitgliedstaatlichen Vertragsrechts betreffend Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen. Artikel 4 der Richtlinie sieht dafür eine Vollharmonisierung vor. Die Mitgliedstaaten dürfen demnach weder strengere noch weniger strenge Vorschriften aufrechterhalten oder einführen, sofern dies nicht ausdrücklich durch die betreffenden Richtlinienbestimmungen gestattet wird. Mit der Umsetzung der dID-Richtlinie wird ferner eine weitere Stärkung der Verbraucherrechte in der EU verfolgt.

Die dID-Richtlinie ist ausschließlich auf Verbrauchergeschäfte anzuwenden und gilt insbesondere für folgende Vertragsinhalte:

  • Datenbanken, Cloud-Services (z. B. Filehosting), Plattformangebote, Social Media,
  • Webanwendungen wie z. B. Office 365, E-Books,
  • Mediendownloads,
  • digitale Fernsehdienste,
  • nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste,
  • körperlichen Datenträger, die ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dienen,
  • Bereitstellung bestimmter elektronischer Dateien im Rahmen des 3D-Drucks von Waren.

Zur Umsetzung der dID-Richtlinie hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der entsprechende Regelungen trifft. Hierzu werden insbesondere einige Änderungen im deutschen BGB vorgeschlagen.

Schwerpunkt des Gesetzentwurfs bildet ein neuer Titel 2a im BGB, der in neu eingeführten §§ 327 bis 327u besondere Regelungen zu Verträgen über digitale Produkte enthalten soll. Ferner sollen auch einzelne Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf, zur Schenkung, zur Miete sowie zum Werklieferungsvertrag im BGB geändert werden. Daneben sind auch einzelne Änderungen im EGBGB sowie im UKlaG vorgesehen.

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II. Die wesentlichen Änderungen im Überblick

1. Anwendungsbereich

Ein neuer § 327 BGB regelt in Absatz 1 den Anwendungsbereich. Danach sind die Vorschriften des neuen Untertitels auf Verbraucherverträge anzuwenden, welche die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen (digitale Produkte) durch den Unternehmer gegen Zahlung eines Preises zum Gegenstand haben. Preis im Sinne dieses Untertitels ist auch eine digitale Darstellung eines Werts.

Aus einem neuen § 327 Abs. 3 ergibt sich, dass die neuen Vorschriften auch auf Verbraucherverträge über die Bereitstellung digitaler Produkte anzuwenden sind, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich zu deren Bereitstellung verpflichtet.

2. Bereitstellung

Hauptleistungspflicht des Unternehmers ist bei Verträgen über digitale Produkte deren Bereitstellung. Diese wird in einem neuen § 327b BGB geregelt. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift ist ein digitaler Inhalt bereitgestellt, sobald der digitale Inhalt oder die geeigneten Mittel für den Zugang oder das Herunterladen des digitalen Inhalts dem Verbraucher unmittelbar oder mittels einer von ihm hierzu bestimmten Einrichtung zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht worden ist. Für digitale Dienstleistungen regelt ein neuer Absatz 4, dass eine solche bereitgestellt ist, sobald sie dem Verbraucher unmittelbar oder mittels einer von ihm hierzu bestimmten Einrichtung zugänglich gemacht worden ist.

Die Rechte des Verbrauchers bei einer unterbliebenen Bereitstellung werden in einem neuen § 327c BGB geregelt. Darin ist insbesondere ein Recht des Verbrauchers auf Vertragsbeendigung sowie ein Recht auf Schadensersatz geregelt.

3. Aktualisierungspflicht

Ferner regelt ein neuer § 327f BGB eine Pflicht des Unternehmers zur Bereitstellung von funktionserhaltenden Updates und Sicherheitsupdates für digitale Produkte. Bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen gilt diese Verpflichtung über die gesamte Vertragsdauer; bei einmalig zu erfüllenden Verträgen wie Kaufverträgen gilt sie für einen Zeitraum, den der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann.

4. Mängelhaftung

In neuen §§ 327i ff. regelt der Entwurf bestimmte Mängelrechte des Verbrauchers für digitale Produkte. Die Regelungen gelten auch für körperliche Datenträger, auf denen digitale Inhalte gespeichert sind (z. B. Musik-CDs, DVDs, etc.).

Nach einem neuen § 327e BGB ist ein digitales Produkt frei von Produktmängeln, wenn es zur maßgeblichen Zeit nach den neuen Vorschriften den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Anforderungen an die Integration entspricht.

Soweit nicht anders bestimmt, ist die maßgebliche Zeit der Zeitpunkt der Bereitstellung nach § 327b des Entwurfs. Bei Verträgen über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts ist die maßgebliche Zeit der Bereitstellungszeitraum.

Der Entwurf regelt insbesondere folgende Mängelrechte:

  • Nacherfüllung
  • Vertragsbeendigung
  • Schadensersatz
  • Aufwendungsersatz
  • Minderung

5. Verjährung

Ein neuer § 327j BGB regelt, dass die in § 327i Nummer 1 und 3 des Entwurfs bezeichneten Ansprüche in zwei Jahren verjähren. Dabei beginnt die Verjährung

  • im Fall einer dauerhaften Bereitstellung mit dem Ende des Bereitstellungszeitraums und
  • im Übrigen mit der Bereitstellung.

Abweichend von Satz 1 Nummer 2 beginnt die Verjährung bei Ansprüchen aufgrund der Verletzung einer Aktualisierungspflicht des Unternehmers mit dem Zeitpunkt, in dem die Aktualisierungspflicht nach § 327f Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 des Entwurfs endet.

6. Beweislastumkehr

Ein neuer § 327k BGB regelt eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen eines Mangels, wenn sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums ein Mangel des digitalen Produkts zeigt. Diese Vermutung soll jedoch nach einem neuen Absatz 3 für bestimmte Fälle nicht gelten.

III. Auswirkungen auf den Online-Handel

Die geplanten Gesetzesänderungen hätten im Falle ihrer Umsetzung massive Auswirkungen auf den Online-Handel. Dies gilt jedenfalls für solche Händler, die ausschließlich oder auch digitale Inhalte und/oder digitale Dienstleistungen anbieten. Was bisher jedenfalls in Deutschland gesetzlich nur ansatzweise geregelt war, wird künftig möglicherweise ebenso detailliert geregelt sein, wie etwa das Kauf- oder das Werkrecht. Diese Regelungen müssten betroffene Händler künftig bei entsprechenden Verträgen mit Verbrauchern berücksichtigen. Sofern der Händler AGB verwendet, müssten diese künftig auf die neuen Regelungen angepasst werden. Vertragliche Regelungen in AGB, die zum Nachteil des Verbrauchers von den geplanten Regelungen abweichen, könnten künftig ggf. als unzulässig abgemahnt werden.

Da die dID-Richtlinie auch in den anderen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss, wird es in diesem Bereich künftig weitgehend harmonisierte Regelungen innerhalb der EU geben, was auch bei deutschen Online-Händlern zu mehr Rechtssicherheit führen wird, wenn entsprechende Verträge mit Verbrauchern aus anderen EU-Mitgliedstaaten geschlossen werden.

Wir werden die Entwicklung in diesem Bereich weiter beobachten und unsere Mandanten im Rahmen unserer Schutzpakete mit aktualisierten Rechtstexten versorgen, sobald die neuen Regelungen vom deutschen Gesetzgeber endgültig verabschiedet wurden.

Sie möchten sich besser vor Abmahnungen schützen? Dann könnten die Schutzpakete der IT-Recht Kanzlei für Sie eine sinnvolle Lösung darstellen. Denn neben der Bereitstellung von Rechtstexten für unterschiedliche Geschäftsmodelle beinhalten diese auch einen dauerhaften Update-Service, in dessen Rahmen wir unsere Mandanten über abmahnungsrelevante Sachverhalte informieren. Nähere Informationen zu den Schutzpaketen der IT-Recht Kanzlei finden Sie hier.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.


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