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LG Hamburg: Google muss unkorrekte 1 Sterne-Bewertung löschen

19.02.2018, 13:02 Uhr | Lesezeit: 4 min
von Michelle Fink
LG Hamburg: Google muss unkorrekte 1 Sterne-Bewertung löschen

Das LG Hamburg (Urteil vom 12.01.2018, Az. 324 O 63/17) hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Internetplattform Google für eine negative Bewertung von einem Nutzer, welche auf der Seite von Google veröffentlicht wurde, verantwortlich ist und ob diese Bewertung gelöscht werden muss. Das Gericht sah Google hier in der Pflicht, bei Kenntnis von einer möglichen Rechtsverletzung Nachforschungen anzustellen.

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt

Die Parteien stritten über die Zulässigkeit einer negativen Nutzer-Bewertung, welche auf der Webseite der Beklagten veröffentlicht wurde. Der Kläger begehrte von der Beklagten die Löschung dieser Bewertung.

Der Kläger betreibt eine Gaststätte. Die Beklagte, Google, bietet auf ihrer Internetplattform die Möglichkeit für Nutzer an, einzelne Gaststätten zu bewerten. Die Bewertungen können sowohl eine Sternebewertung von 1-5 Sternen sowie eine Freitextbewertung enthalten.

Der Kläger wendete sich vorliegend gegen eine solche Bewertung einer Nutzerin, die lediglich mit 1 Stern und ohne schriftliche Begründung abgegeben wurde. Er forderte Google auf, die Kundeneigenschaft auf Plausibilität zu prüfen und – für den Fall, dass diese nicht gegeben sei – die Bewertung zu löschen. Google verweigerte jedoch eine Überprüfung, da – nach Ansicht von Google - kein offensichtlicher Verstoß oder eine Rechtsverletzung vorgelegen habe.

Der Kläger bestritt, dass diese konkrete Nutzerin jemals Gast bei ihm gewesen sei. Er war der Meinung, er werde durch die Bewertung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

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Entscheidung

Das LG Hamburg teilte die Auffassung des Gaststättenbetreibers und gab der Klage in vollem Umfang statt. Dem Kläger stünde der begehrte Löschungsanspruch zu, da er durch die Bewertung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sei. Google sei vorliegend „mittelbare Störerin“, da sie ihrer Prüfungspflicht verletzt habe.

Google sei zwar nicht unmittelbare Störerin oder Täterin, da sie die Bewertung nicht selbst abgegeben habe. Jedoch könne Google als sog. mittelbare Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten der Internetplattform zur Verfügung gestellt habe, auf der die Bewertung veröffentlicht wurde.

Zwar müsse Google keine Vorabprüfung jeder einzelnen Bewertung vornehmen. Sobald Host-Provider wie Google jedoch Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangen, sei eine Ermittlung und Bewertung der jeweiligen Umstände erforderlich.

Da Google dieser Prüfung nach Aufforderung des Klägers nicht nachgekommen sei, läge hier ein Pflichtverstoß vor.

Die in Rede stehende Bewertung sei für das Gasthaus und mithin auch für den Kläger als dessen Betreiber schädlich.

"Durch die unkommentierte Vergabe lediglich eines von fünf möglichen Sternen bringt die Nutzerin zum Ausdruck, dass sie das Gasthaus - oder wenigstens einen das Gasthaus betreffenden, nicht näher bezeichneten Aspekt - als unzureichend bzw. ungenügend ansieht. Diese Einschätzung ist offenkundig geeignet, den Kläger als Betreiber des Gasthauses in seiner Ehre und seinem sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen und sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken."

Zwar handle es sich bei der Bewertung um eine Meinungsäußerung, welche grundsätzlich einen weiten Schutz genieße. Jedoch gehe aus der Bewertung nicht hervor, worauf die Nutzerin ihre Bewertung stützt. Andere Nutzer dieser Plattform, die diese Bewertung lesen, würden aber davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine Erfahrung eines Gastes handelt. Da aber davon auszugehen sei, dass ein Besuch der Klägerin in dem Gasthaus nie stattgefunden habe, lägen hier keine zulässigen Anknüpfungspunkte für eine schützenswerte Meinungsäußerung vor. Es sei also davon auszugehen, dass die 1-Sterne-Bewertung der Nutzerin ohne sachlichen Grund abgegeben worden sei.

Welche konkreten Überprüfungsmaßnahmen ein Host-Provider vornehmen müsse, sei Einzelfallabhängig. Jedenfalls bedürfe es einer umfassenden Interessenabwägung zwischen den Interessen des betroffenen Nutzers und denen des bewerteten Gasthauses bzw. dessen Betreibern. Insbesondere seien aber das Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie die Erkenntnismöglichkeit des Providers maßgeblich.

Fazit

Die Entscheidung des LG Hamburg meint keineswegs, dass gegen jede negative Bewertung ein Anspruch auf Löschung besteht. Vielmehr besagt das Urteil, dass der Host-Provider, welcher die Bewertung auf seiner Seite veröffentlicht, eine gewisse Verantwortung für die abgegebenen Bewertungen hat. Steht ein möglicher Rechtsverstoß im Raum, besteht eine Pflicht des jeweiligen Host-Providers Nachforschungen hinsichtlich der Richtigkeit der Bewertung zu betreiben. Dies schützt sowohl die zu bewertenden Gasthäuser vor willkürlichen Bewertungen, die lediglich der Verunglimpfung dienen sollen, sowie auch andere Nutzer der Plattform, die sich auf die Korrektheit der Bewertungen verlassen.

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