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OLG Köln: Fachärzte dürfen auch „fachfremd“ inserieren

23.10.2008, 12:00 Uhr | Lesezeit: 3 min
OLG Köln: Fachärzte dürfen auch „fachfremd“ inserieren

Ärzte dürfen in Branchenbüchern wie den „Gelben Seiten“ gegebenenfalls auch unter Rubriken inserieren, die nicht dem erworbenen Facharzttitel entsprechen, entschied kürzlich das OLG Köln.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Der beklagte Arzt ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, führt jedoch seit mehreren Jahren plastische und ästhetische Eingriffe sowohl am Kopf als auch dem übrigen Körper durch. Entsprechend inserierte er im Branchenbuch unter der Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“.

Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, sah hierin das ärztliche Wettbewerbsrecht verletzt (insbesondere § 4 Nr. 11 und § 5 UWG) . Er ließ den Arzt abmahnen und klagte später auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnungsgebühren.

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Das Urteil

Zu Unrecht, wie das OLG Köln entschied (Urteil vom 15. August 2008, Az. 6 U 20/08). Leistungsgebundene Inserate eines Arztes im Branchenbuch sind erst dann rechtswidrig, wenn sie falsche Angaben über die Qualifikation des Arztes enthalten oder generell irreführend sind.

Inserat unter „fremder“ Fachrichtung

Ein Inserat unter der allgemein gehaltenen Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“ ist jedoch nicht inhaltsgleich mit der Behauptung, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie zu sein. Denn wer in den Gelben Seiten unter diesem Stichwort nachschlägt, so führt das OLG aus, werde in seiner Vorstellung lediglich nach einem Arzt suchen, der die gewünschten Eingriffe vornimmt.

Allein durch die Eintragung des Beklagten unter der Rubrik „Ärzte: Plastische Chirurgie“ wird den angesprochenen, durchschnittlich informierten und situationsangemessen aufmerksamen Verbrauchern nicht der unzutreffende Eindruck vermittelt, er sei Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie oder habe ein zertifiziertes Recht zur Durchführung von Operationen auf diesem Gebiet erworben. Nach den Umständen erwartet der Verkehr nämlich nicht, dass unter den Ärzte-Rubriken der „Gelben Seiten“ (jedenfalls außer den mit einem „Stern“ versehenen „Wunsch“-Rubriken) nur Fachärzte des entsprechenden ärztlichen Fachgebiets eingetragen sind.

Darüber hinaus steht auch die Veröffentlichung der Inserate allein in der Verantwortung des Inserenten – Branchenbücher sind schließlich Telefonbücher und keine Qualifikationsregister:

Denn dass die Veröffentlichung eines Inserats unter einer bestimmten Rubrik der „Gelben Seiten“ auf Grund eines entsprechenden Auftrags und in der Verantwortung des Inserenten erfolgt und nicht etwa von dem herausgebenden Verlag oder gar – bei den Eintragungen von Ärzten – von der zuständigen Ärztekammer verantwortet wird, ist dem angesprochenen Verkehr auch ohne besonderen Hinweis bewusst wie der Senat, dessen Mitglieder selbst zu den Nutzern von Branchenbüchern gehören, aus eigener Sachkunde feststellen kann.

„Verschweigen“ des erworbenen Facharzttitels

Dass der Facharzttitel des beklagten Arztes in dem beanstandeten Inserat unerwähnt blieb, ist auch nicht als wettbewerbswidrig irreführende Werbung zu werten:

Eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung durch Unterlassen setzt eine entsprechende Aufklärungspflicht voraus, die nach § 5 Abs. 2 S. 2 UWG insbesondere von der Bedeutung der verschwiegenen Tatsache für die Entscheidung zum Vertragsschluss nach der Verkehrsauffassung und der Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung abhängt.

Sofern die gewählte Rubrik tatsächlich einem Tätigkeitsschwerpunkt entspricht und die Nichterwähnung der Zusatzqualifikation hier lediglich der Vermeidung von Missverständnissen dient (z.B. Abschreckung eines Patienten, der einen Eingriff am Körper – und nicht im Kopfbereich – vornehmen lassen will), ist das Inserat juristisch nicht zu beanstanden.

Fazit

Fachärzte sind im Branchenbuch nicht an „ihre“ Rubrik gebunden und dürfen dort inserieren, wo der von ihnen angesprochene Patientenkreis nachschlagen wird. Cave: Hierbei dürfen beim Interessenten jedoch keinesfalls falsche Vorstellungen über eine diesbezüglich vorhandene fachärztliche Qualifikation erweckt werden.

Anmerkung: Der vorliegende Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres wissenschaftlichen Mitarbeiters, Herrn Chris Engel, erstellt.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
Gerd Altmann / PIXELIO

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