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Fehlende Energieeffizienzkennzeichnung auf Übersichtsseiten von Online-Shops - Ist die Abmahnung nur einen Klick entfernt?

21.10.2015, 17:12 Uhr | Lesezeit: 5 min
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von Anna-Lena Baur
Fehlende Energieeffizienzkennzeichnung auf Übersichtsseiten von Online-Shops - Ist die Abmahnung nur einen Klick entfernt?

„Ja“ sagte jetzt das Landgericht Köln (Urteil v. 20.08.2015, 31 O 112/15) und gab einer Unterlassungsklage gegen einen Onlineshop-Betreiber statt, dessen Übersichtsseite keine Informationen zu der Energieeffizienzklasse der abgebildeten Produkte enthielt. Die Frage, wo auf den Angebotsseiten eines Online-Shops die Energieeffizienzkennzeichnung anzugeben ist um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, hat die Gerichte wiederholt beschäftigt. Die Besonderheit des jetzt ergangenen Urteils des LG Köln liegt darin, dass das LG einen weit restriktiveren Ansatz wählt als das OLG Stuttgart und sich dadurch die Rechtsunsicherheit für Anwender erhöht.

Der Sachverhalt

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen VZBV hatte im September 2014 neben dem Beklagten in Köln fünf weitere große Online-Händler wegen Verstoßes gegen die EE-Kennzeichnungspflicht abgemahnt. Auf den Übersichtsseiten des Onlineshop-Betreibers waren Abbildungen von Klimageräten sowie deren Preise zu sehen. Nicht ersichtlich war die EE-Kennzeichnung der abgebildeten Ware, diese wurde dem Nutzer (erst) durch Anklicken des gewünschten Produkts auf einer Unterseite zugänglich gemacht. Das Passieren der Unterseite war für den Nutzer erforderlich um das Produkt in seinen virtuellen Warenkorb zu platzieren und den Bestellvorgang in Gang zu setzten.

Die Entscheidung des LG Köln

Für die Entscheidung des Gerichts kam es ausschlaggebend darauf an, ob die Energieeffizienzkennzeichnung bereits auf der Übersichtsseite erfolgen muss, oder ob die EEK auch auf einer Detailseite, die der Nutzer erst durch Anklicken eines Links erreicht, erfolgen kann.

Diesbezüglich maßgebliche Normen sind Art. 4 lit. c der EU-Luftkonditionierer-Kennzeichnungsverordnung 626/2011 und dessen Umsetzung in deutsches Recht in § 6a S. 1 EnVKV.

§ 6a S.1 EnVKV verlangt von Händlern und Lieferanten,

„dass bei der Werbung für ein bestimmtes Produktmodell (…) auf die Energieeffizienzklasse des Produkts hingewiesen wird, sofern in der Werbung Informationen über den Energieverbrauch oder den Preis angegeben werden.“

Art. 4 lit. c der Verordnung stellt hingegen die Anforderung auf, dass

„bei jeglicher Werbung für ein bestimmtes Luftkonditionierermodell mit energie- oder preisbezogenen Informationen auch dessen Energieeffizienzklasse angegeben wird.“

Damit ist der Wortlaut von Art. 4 lit. c der Verordnung weiter, als der der Umsetzungsnorm § 6a S.1 EnVKV.

Das LG Köln hat auf die Verordnung abgestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass „die Produkteffizienzklasse immer dann angegeben werden muss, sobald ein bestimmtes Produkt unter Angabe des Preises beworben wird“. Beworben wird nach Ansicht des Gerichts ein Produkt bereits dann, wenn auf Übersichtsseiten die konkreten Modelle und deren Preise zu erkennen sind. Damit ist das LG Köln der Auffassung der Beklagten, Übersichts- und Unterseite stellten zusammen die relevante Werbung dar, nicht gefolgt und sieht in der Nennung des Preises den die Kennzeichnungspflicht auslösenden Moment.

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Analyse und Stellungnahme

Der vom LG Köln gewählte Weg, auf den Wortlaut des Art. 4 lit. c abzustellen, überzeugt. Als Verordnung des europäischen Gesetzgebers ist die Energiekennzeichnungsverordnung unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union anwendbar, begründet also direkt Rechte und Pflichten für diejenigen, die in den Anwendungsbereich fallen (zu dem Umfang dieser Pflichten siehe diesen Beitrag in der IT-Recht Kanzlei). Für die Frage, durch welche Produktdarstellungen die Kennzeichnungspflicht ausgelöst wird, ist demnach allein der Wortlaut der Verordnung entscheidend. Dieser ist eindeutig und verlangt in preisbezogener Werbung für ein energieverbrauchrelevantes Gerät ausnahmslos die Angabe der Energieeffizienz des beworbenen Produkts.

Weitere Urteile

Das Urteil des LG Köln reiht sich in eine Reihe zu diesem Thema ergangene Gerichtsentscheidungen ein.

Eine Klage des VZBV, die in Folge der sechs Abmahnungen vom September 2014 beim LG Landau anhängig war – und dementsprechend beinahe gleich lautete wie die vor dem LG Köln verhandelte - wurde am 03.09.2015 als unbegründet abgewiesen (LG Langnau, Urteil v. 03.09.2015, 4 O 280/14). Der VZBV hat gegen diese Entscheidung bereits Berufung eingelegt.

Im Dezember 2013 hatte das OLG Köln bereits angedeutet (OLG Köln, Urteil v. 20.12.2013, 6 U 56/13), dass die Bereitstellung der EEK mit Hilfe eines elektronischen Verweises in der Nähe des Preises der Kennzeichnungspflicht wahrscheinlich nicht genügen würde, konnte eine Entscheidung diesbezüglich aber dahingestellt lassen, weile es für das Verfahren auf die Klärung dieser Frage nicht ankam.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte am 24.10.2013 die Berufung in einem Fall zurückgewiesen (OLG Stuttgart, Urteil v. 24.10.2013, 2 U 28/13), in der der Kläger den Erlass einer Unterlassungsverfügung begehrte, weil dem Nutzer der Website der Beklagten erst nach dem Anklicken des Produkts die EEK mitgeteilt wurde, obwohl schon auf einer Startseite mit dem Preis geworben wurde. Das Gericht verneinte einen Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht und begründete seine Auffassung damit, dass der Werbeauftritt in seiner Gänze betrachtet werden müsse. Durch die technische Verknüpfung zusätzlicher Informationen zum Produkt auf der Übersichtsseite werde diese im Internet „grundsätzlich nicht zu einer eigenständigen Werbung“, sodass die Kennzeichnungspflicht auch dann erfüllt sei, wenn die EEK einen Klick entfernt ist. Das Gericht erachtete es allein für erforderlich, dass die Informationen zum Energieverbrauch vor Auswahl des Produktes durch dessen Platzierung in den virtuellen Warenkorb zugänglich gemacht werden (eine ausführliche Besprechung des Urteils finden Sie in diesem Beitrag der IT-Recht Kanzlei).

Was tun?

Weder das Urteil des LG Köln noch das Urteil des LG Landau ist bisher rechtskräftig. Für Shop-Betreiber bleibt es zunächst also bei der rechtlichen Unsicherheit. Wer bis zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtslage auf Nummer Sicher gehen möchte, sollte dem strengsten der bisher von der Rechtsprechung angelegten Maßstäbe entsprechen. Konkret bedeutet das, dem Nutzer die Energiekennzeichnung bereits auf der Übersichtsseite - ohne Umweg über einen Link - zugänglich zu machen.

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