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Gesetzes- oder Vertragsbruch? eBay-Verhaltensregeln sind keine Wettbewerbsvorschriften

01.02.2011, 08:41 Uhr | Lesezeit: 3 min
von Mag. iur Christoph Engel
Gesetzes- oder Vertragsbruch? eBay-Verhaltensregeln sind keine Wettbewerbsvorschriften

Auf der Verkaufsplattform eBay sieht das interne Reglement vor, dass ein Anbieter für gleiche Artikel maximal drei Angebote erstellen darf; ansonsten würde er in der Trefferliste der Suchfunktion überproportional oft auftauchen und so seine Mitbewerber verdrängen. Zu dieser und auch anderen Hausregeln stellt sich nun die Frage – sind es schlichte Fair-Play-Regeln oder haben sie schon die Qualität von Wettbewerbsnormen, die dann gegebenenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden können?

Mit dieser Frage hat sich kürzlich das OLG Hamm in einem Urteil (21.12.2010, Az. 1-4 U 142/10) beschäftigt. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass ein regelkonformes Verhalten innerhalb der Plattform eBay nicht gerichtlich durchzusetzen ist, solange nicht gleichzeitig bestehendes Wettbewerbsrecht verletzt wird. Schließlich handele es sich in diesem Fall eben gerade nicht um einen Gesetzes-, sondern „nur“ einen Vertragsverstoß; außerdem sei nicht der gesamte Markt von dem Verstoß betroffen, sondern nur der Kreis der kommerziellen eBay-Nutzer.

Dementsprechend sei dem Gericht die Anwendung wettbewerbsschützender Normen verwehrt:

„Mangelnde Vertragstreue führt nicht automatisch zu einem Unlauterkeitsverdikt. Das gilt auch bei einem hier vorliegenden Verstoß gegen ein vertragliches Werbeverbot, obwohl der […] Verletzer ohne weiteres in den Wettbewerb auf der Auktionsplattform eBay eingreifen mag […]. Er konterkariert jedenfalls das, was eBay für die Übersichtlichkeit der Angebote auf ihrer Plattform geregelt hat. Werbeverbote und Beschränkungen von Angeboten regeln zwar das Marktverhaltend er Vertragsparteien. Es bleibt aber dabei, dass nur der Kreis der Vertragspartner betroffen ist. Der Vertragspartner eBay kann die vertraglich vereinbarten Sanktionen treffen, um einem solchen Verhalten Einhalt zu gebieten. Die Vertragspartner können auch nicht den gesamten Markt in einer Weise regeln, wie der Gesetz- oder Verordnungsgeber. Dass sich der Verstoß auf den gesamten Markt des Verkaufs der betroffenen Artikel auswirkt, ist weder vorgetragen noch erkennbar. Da aber gerade deshalb ein solcher Verstoß mit einem Gesetzesverstoß im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG nicht vergleichbar ist, fehlt es bei einem solchen Verstoß gegen ein vertragliches Werbeverbot an einem ebenso unlauteren Verhalten […].“

Auch konnten die Richter in dem Verhalten keine unlautere Marktbehinderung oder gar eine Beeinträchtigung des Verbrauchers erkennen, die ein Einschreiten des Gerichtes notwendig gemacht hätten:

„Auch der von § 3 Abs. 1 UWG umfasste ungeschriebene Unlauterkeitstatbestand der allgemeinen Marktbehinderung […] scheidet hier aus. Es liegt kein so bedenkliches Verhalten vor, dass dadurch oder in Zusammenhang mit den zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet wird, dass der Wettbewerb hinsichtlich der hier angebotenen Waren in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird und dadurch Mitbewerber ganz vom Markt verdrängt werden können. […] Allein die Tatsache, dass der [Verletzer] in der Suchliste erheblich öfter auftaucht als die Konkurrenz, wirkt sich nicht derart bedrohlich aus. Es ist nicht einmal sicher, ob die Verbraucher öfter beim [Verletzer] kaufen, nur weil immer wieder die gleichen Angebote auftauchen. Es droht eher, dass die Übersicht verloren geht. Wenn das aber zu sehr droht, kann eBay eingreifen. Zu einer ernsthaften Behinderung der Marktchancen der Mitbewerber kommt es dadurch aber nicht. Auch eine spürbare Beeinträchtigung der Verbraucher ist nicht erkennbar.“

Diese Rechtsauffassung ist – zugegebenermaßen auf den zweiten Blick – überzeugend: Der Handel auf eBay ist eben gerade kein virtuelles Abbild des Handels in der „analogen“ Geschäftswelt, sondern im Gegensatz zum freien Markt einem privatrechtlichen Rahmenvertrag unterworfen. Die Vertragshoheit, insbesondere auch die Gestaltungshoheit, hat hier (zumindest innerhalb der legalen Grenzen) nicht der Gesetzgeber, sondern eBay selbst – demensprechend trägt eBay auch die Sanktionshoheit. In Fällen wie den oben skizzierten ist  also, soweit nicht tatsächlich auch bestehende Gesetze verletzt werden, allein eBay für die Einhaltung der Hausregeln und Sanktionen gegen den Verletzer zuständig.

(Wir danken Herrn RA Gerstel für die Zusendung des oben besprochenen Urteils)

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