Am 22.01.2020 hat das britische Parlament nach langwierigen Verhandlungen nunmehr das Brexit-Ratifizierungsgesetz beschlossen. Die nun noch fehlende Unterschrift der Queen gilt als reine Formsache. Damit tritt das Vereinigte Königreich zum 31.01.2020 offiziell aus der EU aus. Ob sich ab diesem Stichtag unmittelbare Auswirkungen für den EU-Online-Handel ergeben und ob Großbritannien nunmehr rechtlich als Drittland eingestuft werden muss, erläutert der aktuelle Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
I. Brexit zum 31.01.2020
Nach schier endlosen Verhandlungen, hitzigen Parlamentsdebatten, politischen Zerwürfnissen und schließlich unzähligen gescheiterten Initiativen hat das britische Parlament sich am 22.01.2020 auf ein Ratifizierungsgesetz für den geordneten EU-Austritt Großbritanniens einigen können.
Das britische Oberhaus verzichtete nunmehr auf Änderungen, auf welche es für seine Zustimmung zuletzt noch bestanden hatte, und winkte den Entwurf schließlich durch.
Um das Ratifizierungsgesetz für den Brexit offiziell zu verabschieden, bedarf es nun noch der Unterzeichnung des britischen Staatsoberhauptes Queen Elizabeths II. Dies gilt allerdings als reine Formsachen.
Nach der Verabschiedung wird das Europaparlament das Austrittsgesetz am 29.01.2020 aller Voraussicht nach absegnen mit der Folge, dass Großbritannien die EU zum 31.01.2020 offiziell und 3 ½ Jahre nach dem für den Brexit maßgeblichen Referendum verlässt.
II. Rechtliche Konsequenzen
Der Austritt Großbritanniens aus der EU hat für den Binnenmarkt weitgehende rechtliche Folgen. Insofern wird Großbritannien nicht mehr als EU-Mitgliedsstaat gelten, was Im- und Exporte zu einem Warenverkehr mit einem Drittstaat umqualifiziert.
Relevant wird der Brexit vor allem in Anbetracht diverser nationaler und europäischer Produktkonformitäts- und Produktkennzeichnungsvorschriften, welche die maßgeblichen Handlungspflichten entweder dem EU-Hersteller oder (bei Warenbezug aus Nicht-EU-Ländern) dem EU-Importeur auferlegen.
Durch den Austritt Großbritanniens aus der europäischen Union gelten im UK-Staatsgebiet angesiedelte Hersteller langfristig nicht mehr als nach dem EU-Recht maßgebliche Verantwortliche. Das hat zur Folge, dass alle europäischen Rechtspflichten daher konsekutiv auf die EU-Importeure verlagert werden, die dann rechtlich für die Einhaltung aller verbindlichen EU-Standards einzustehen haben und anstelle der UK-Hersteller die maßgeblichen Rechtspflichten umsetzen müssen.
Hinzukommt, dass sich Händler und Hersteller für das Zielgebiet Großbritannien langfristig nicht mehr auf einheitliche EU-Regularien werden verlassen können, sondern bei Adressierung von UK-Kunden zukünftig gegebenenfalls diverse abweichende nationale Rechtsvorschriften beachten müssen.
III. Keine unmittelbaren Rechtsfolgen dank Übergangsfrist
Die beschriebenen rechtlichen Folgen treten allerdings nicht unmittelbar zum Brexit-Datum des 31.01.2020 ein.
Vielmehr wird eine angemessene Übergangsfrist gelten, die Unternehmen Gelegenheit geben soll, sich an den Brexit und die dadurch geänderten rechtlichen Gegebenheiten anzupassen.
Nach derzeitigem Stand gilt die Übergangsfrist bis zum 31.12.2020. Bis zu diesem Zeitpunkt wird Großbritannien in Europa faktisch so behandelt, als handle es sich hierbei nach wie vor um einen EU-Mitgliedsstaat.
Maßgebliche rechtliche Auswirkungen des Brexits für die Wirtschaft sollen daher erst ab dem 01.01.2021 eintreten.
Die deutsche Bundesregierung hat am 17.01.2020 bereits ein nationales Übergangsgesetz (BrexitÜG) verabschiedet, das die benannte Frist vorsieht.
IV. Fazit
Langfristig wird der für den 31.01.2020 anberaumte Brexit weitreichende Rechtsfolgen für den EU-weiten Warenverkehr mit sich bringen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil maßgebliche Verantwortlichkeiten für die Einhaltung europäischer Rechtsvorschriften fortan von den UK-Herstellern auf EU-Importeure übertragen werden.
Bis zum 31.12.2020 gilt allerdings eine Übergangsfrist, binnen derer Großbritannien weiter wie ein EU-Mitgliedsstaat behandelt wird und binnen derer unmittelbare Rechtsfolgen deshalb noch ausbleiben.
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