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Der “bekömmliche” Wein

02.05.2013, 20:19 Uhr | Lesezeit: 3 min
Der “bekömmliche” Wein

Die Bezeichnung eines Weins als „bekömmlich“ in Verbindung mit dem Hinweis auf eine milde („sanfte“) Säure ist eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 mit der Folge, dass sie bei der Kennzeichnung, Aufmachung und Bewerbung des Getränks nicht verwendet werden darf (Art. 4 Abs. 3 Health-Claims-VO). Damit zieht das Bundesverwaltungsgericht die Konsequenzen aus einer in diesem Verfahren ergangenen Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

Mit der Verordnung (EG) Nr.1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 (Health-Claims-VO), sind die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben harmonisiert worden (Art. 1 Abs. 1 Health-Claims-VO). Solche Angaben dürfen bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln, die in der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden, sowie bei der Werbung hierfür nur verwendet werden, wenn sie der Verordnung entsprechen (Art. 3 Satz 1 Health-Claims-VO). Unter einer gesundheitsbezogenen Angabe ist jede Angabe zu verstehen, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht (Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 Health-Claims-VO). Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen generell keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen (Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 Health-Claims-VO).

Die Bezeichnung eines Weins als “bekömmlich” wegen einer “sanften Säure” unterfällt dem Verwendungsverbot des Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr.1924/2006. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5, Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 eine Bezeichnung wie “bekömmlich” verbunden mit dem Hinweis auf einen reduzierten Gehalt an Stoffen, die von einer Vielzahl von Verbrauchern als nachteilig angesehen werden, umfasst. Zugleich hat er klargestellt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind; denn die Bezeichnung eines Weins als “bekömmlich” in Verbindung mit dem Hinweis auf eine “sanfte Säure” suggeriere, dass ein wiederholter und längerfristiger Verzehr des Getränks wegen des reduzierten Säuregehalts eine positive physiologische Wirkung habe, weil er keine nachhaltigen negativen Folgen für das Verdauungssystem und damit für die Gesundheit habe. Aus den Ausführungen des Gerichtshofs ergibt sich außerdem, dass das Verbot gesundheitsbezogener Angaben sowohl für die Etikettierung als auch für die Bewerbung alkoholischer Getränke gilt.

Hiergegen kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht eingewandt werden, aus Sicht eines informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers werde der von ihr verwendete Begriff “bekömmlich” durch die Aufmachung und Werbung in einen Bezug zum Säuregehalt ihrer Weine gesetzt.

Schließlich wird die Winzerin durch das Verbot, die Angabe “bekömmlich” in der in Rede stehenden Weise zu verwenden, auch nicht in ihren Rechten auf Berufsfreiheit und unternehmerische Freiheit verletzt. Dies hat der Europäische Gerichtshof ebenfalls verbindlich entschieden.

Das Bundesverwaltungsgericht lässt offen, ob der Hinweis auf die Bekömmlichkeit eines Weins ohne Bezug zu einer “sanften Säure” oder ohne vergleichbaren Kontext – etwa als bloßer Ausdruck von Wohlgeschmack oder eines allgemeinen Wohlbefindens – zulässig wäre. Die Frage ist hier nicht entscheidungserheblich; denn das Feststellungsbegehren der Klägerin hebt auf einen solchen Sachverhalt nicht ab. Dahinstehen kann deshalb auch, ob und gegebenenfalls wie die Kategorie der “gesundheitsbezogenen Angaben” (einschließlich der Verweise auf die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden, vgl. Art. 10 Abs. 3 Health-Claims-VO) von Aussagen zum allgemeinen Wohlbefinden abzugrenzen wäre. Beides lässt sich auch auf der Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, das sich hierzu nicht verhält, nicht zweifelsfrei beantworten.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Februar 2013 – 3 C 23.12

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1 Kommentar

F
Frank 13.03.2014, 10:14 Uhr
Mal anders betrachtet
Wenn wir uns das Thema mal aus einer anderen Sicht betrachten, dürfte eigentlich gar keine Produktbeschreibung außer der Inhaltsstoffe mehr auf Verpackungen stehen, die irgend etwas aussagt.
Warum? Ganze einfach, jeder Mensch, jedes Tier reagiert und verarbeitet bei der Verdauung von "Lebensmitteln" anders. Der Durchschnittsmensch ist einen Schweinebraten und alles passt, der Nachbar nimmt bei der gleichen Menge zu und der dritte im Bunde verdaut und "verbrennt" den Schweinebraten als hätte er gerade nur die Beilage vertilgt.

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