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LG Bielefeld pfuscht einem Massenabmahner ins Geschäft

13.02.2007, 00:00 Uhr | Lesezeit: 3 min
LG Bielefeld pfuscht einem Massenabmahner ins Geschäft

Wie ein Urteil des LG Bielefeld vom 02.06.2006 (Az. 15 O 53/06) zeigt, kann es duchaus lohnenswert sein, sich von Massenabmahnern nicht alles bieten zu lassen bzw. auch einmal die Zähne zu zeigen. Der vorliegende Fall war aber auch tatsächlich außergewöhnlich: So konnte dem Abmahner nachgewiesen werden, dass dieser rund 100 Abmahnungen innerhalb weniger Tage verschickte - jeweils mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 756,09 Euro (1,3-Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 Euro, zuzüglich Mehrwertsteuer) verbunden.

Aber Achtung:

Dem Urteil lässt sich (leider) nicht entnehmen, dass eine Anzahl von 100 verschickten Abmahnungen innerhalb weniger Tage per se rechtsmißbräuchlich sei.

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So das Gericht:

Ob bereits die danach gegebene Vielzahl von Abmahnungen die Feststellung von Rechtsmissbrauch trägt, mag zweifelhaft sein.

Was dem Abmahner letztendlich vielmehr "das Genick" brach war der Umstand, dass er sich im Rahmen seiner Massenabmahnungen auf den Standpunkt stellte, dass die angegriffenen Internetauftritte allesamt wegen unzureichender Angaben zu Umsatzsteuer und Versandkosten gegen § 1 Abs. 2 PAngV verstoßen würden - was wiederum automatisch einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG nach sich ziehen würde.

Tatsächlich ist es jedoch höchstrichterlich nicht einmal im Ansatz geklärt, ob die vermissten Angaben zur Umsatzsteuer wirklich geeignet sind, den Wettbewerb nicht nur unerheblich i.S.d § 3 UWG zu beeinträchtigen.

Das LG Bielefeld nahm hierzu wie folgt Stellung:

(...)Denn der Verbraucher ist die Angabe von Endpreisen gewöhnt (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV ). Auch wenn die von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV geforderten zusätzlichen Angaben fehlen, wird der Verbraucher angegebene Preise deshalb im Zweifel so verstehen, als sei die Umsatzsteuer enthalten. Wegen der Angaben zu den Versandkosten hat die Beklagte zwar die Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte, insbesondere des OLG Hamburg (vgl. etwa GRUR-RR 05, 27 ff.) für sich. Höchstrichterlich geklärt sind die maßgebenden Fragen jedoch noch nicht; die Ausführungen des BGH –wenn auch zu einem begrenzten Fragenkreis- im Urteil vom 05.10.2005 ( NJW 06, 211 ff.) lassen durchaus die Schlussfolgerung zu, Informationen über die Versandkosten seien nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Warenpreis zu machen. Im übrigen stellt sich auch hier die Frage nach der Erheblichkeit (vgl. § 3 UWG ), wenn die Versandkosten jedenfalls in den AGB angegeben werden.(...)

Das in einer Vielzahl erfolgte Abmahnen von höchstrichterlich noch nicht geklärter Rechtsprechung bei Verstößen gegen die PAngV nahm das LG Bielefeld demnach übel. Nach Ansicht des Gerichts entspräche es vielmehr "normalem wettbewerbsrechtlichen Verhalten", einige Fälle exemplarisch herauszugreifen, um die aufgeworfenen Fragen gegebenenfalls einer –höchstrichterlichen- Klärung zuzuführen. Massenhaftes Vorgehen deute hingegen auf sachfremde Erwägungen hin, insbesondere in dem Sinne, dass das Verhalten darauf angelegt sei, ohne große Risiken möglichst viel an Gebühren, wie sie mit den Abmahnungen eingefordert wurden, zu erzielen.

 

Tipp der IT-Recht Kanzlei: Noch immer werden massenhaft eBayer abgemahnt, die den Verbrauchern anstatt eines Monats "nur" eine zweiwöchige Widerrufsfrist einräumen - ohne, dass auch dies bisher eine höchstrichterliche Klärung gefunden hätte. In solchen Fällen sollten sich nun die einschlägig bekannten Abmahner vorsehen, bei denen das reine Gebühreninteresse die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung darstellt. So billigt (zumindest) das LG Bielefeld bei umstrittenen rechtlichen Sachverhalten ausdrücklich zu, nur "in einigen Fälle exemplarisch" abzumahnen.

Fraglich ist natürlich, was das Gericht in diesem Sinne unter dem Begriff "exemplarisch" versteht. Nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei scheint hier zumindest bei 50 Fällen die Obergrenze erreicht mit der Folge, dass es vertretbar erscheint, darüber hinaus ergangene Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG zu werten.

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Bildquelle:
Karin Schmidt / PIXELIO

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