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Rheinland-Pfalz: Hamm

„schmerzhaftes Grillen“ – Kindersicherung & die Produkthaftung

Urteil vom OLG Hamm

Entscheidungsdatum: 21.12.2010
Aktenzeichen: 21 U 14/08

Leitsätze

Eine mit Brennpaste gefüllte Flasche ist dann im Sinne des Produkthaftungsrechts fehlerhaft, wenn das Dosierventil leicht abgenommen und Brennpaste durch Drücken der Flasche rausgedrückt werden kann, so dass sich „nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände (…) berechtigterweise erwartet werden kann“.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 22.11.2007 - Az. 3 O 530/06 - abgeändert.

Unter Aufhebung des am 05.07.2007 verkündeten Versäumnisurteils wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 50.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen zukünftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem Ereignis vom 10.05.2003 resultieren, soweit sie nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Am 10.5.2003 wurde der damals 1 ½-jährige Kläger beim Grillen auf dem zur Wohnung seiner Eltern gehörenden Balkon durch eine brennende Grillpaste schwer im Gesicht und am Körper verletzt. Die Beklagte ist Herstellerin der sog. T-Sicherheitsbrennpaste, die in 1-Liter-Plastikflaschen mit kindergesichertem Verschluss und eingesetzter Dosierdüse u.a. über T1-Märkte vertrieben wurde und die der Vater beim Grillen verwendete. Bei der Streithelferin handelt es sich um die Herstellerin des Brennpastenflaschenventils.

Die Staatsanwaltschaft Bochum leitete gegen den Vater des Klägers Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung ein (Az.: 11 Js 336/03). Die Staatsanwalt holte ein Sachverständigengutachten des Brandamtmannes a.D. X C ein. Wegen des Ergebnisses der Untersuchungen wird auf das Gutachten vom 22.09.2003 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d.A.) Bezug genommen. Das Verfahren wurde am 03.11.2003 gem. § 153 b Abs. 1 StPO eingestellt.

Der Kläger hat behauptet, dass sein Vater einen handelsüblichen Tischgrill erworben habe. Da sich die Holzkohlen nicht wie gewünscht entzündet hätten, habe der Vater versucht, den Zündvorgang mit einer Sicherheitsbrennpaste einzuleiten. Es habe sich dabei um die von der Beklagten hergestellte Brennpaste der Marke "T" gehandelt. Der Verschluss der Flasche sei mit einer Kindersicherung versehen. Beim Versuch, den Verschluss durch Drehen und Drücken zu öffnen, habe sich der gesamte Verschlusseinsatz verklemmt und habe sich einschließlich Dosierdüse vollständig aus dem Flaschenhals gelöst. Die Brennpaste sei bei den Bewegungen zum Öffnen durch die nunmehr große Öffnung ausgetreten und habe sich unkontrolliert über den Holzkohlegrill ausgebreitet. Da sich durch den ersten Zündversuch unbemerkt eine Glut gebildet habe, habe sich die Paste entzünden können. Es sei zu einer Verpuffung und einer Stichflamme gekommen, gerade in dem Moment, in dem der Kläger von seinem Vater unbemerkt den Balkon betreten habe. Der Kläger sei von der Flamme getroffen worden. Er habe dadurch Verbrennungen 2. und 3. Grades am Kopf und am rechten Unterarm erlitten, insbesondere in der rechten Gesichtshälfte, hinter dem rechten Ohr, an der rechten und linken Ohrmuschel und am rechten Handgelenk. Es seien 15 % der Körperoberfläche betroffen. Der Kläger sei in der Zeit vom 10.05.2003 bis zum 11.06.2003 stationär behandelt worden, wobei er wegen der großen Schmerzen in ein künstliches Koma versetzt worden sei. Es seien mehrere operative Eingriffe, insbesondere Eigen- und Fremdhauttransplantationen erfolgt. Anschließend habe in der Klinik eine poststationäre Behandlung stattgefunden. Seitdem werde der Kläger in einer Praxis für Physiotherapie mit Massagen (Skin-Tonic), Saugmassagen, Lymphdränagen, Elektrotherapie und Mimikschulung behandelt. Der Kläger habe bis Mai 2005 eine Gesichtsmaske und eine Unterarmbandage zur Kompressionsbehandlung getragen. Es seien entstellende Narben, insbesondere im Gesicht, zurückgeblieben, die einer ständigen Pflege und Behandlung bedürften. Da sich der Kläger noch im Wachstum befinde, sei die Narbenbildung noch nicht vollständig abgeschlossen. Es sei nicht auszuschließen, dass es im Bereich der Verbrennungsnarben zu Bewegungseinschränkungen kommen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Unfallfolgen wird auf mit Schriftsatz vom 27.07.2007 überreichten Arztberichte (Bl. 182 ff. d.A.) Bezug genommen,

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte für den Unfall verantwortlich sei, weil die von ihr verwendete Flasche Sicherheitsmängel aufweise. Dadurch, dass sich die Dosierdüse gelöst habe, sei der Flammenrückschlag erst möglich geworden.

Der Kläger hat mit am 29.12.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Klage gegen die Beklagte erhoben. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 17.01.2007 zugestellt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum bis zur Klageerhebung ein angemessenes Schmerzensgeld (mindestens 50.000 €) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen zukünftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem Ereignis vom 10.05.2003 resultieren, soweit sie nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Hergang des Geschehens sowie den Umfang der vom Kläger erlittenen Verletzungen mit Nichtwissen bestritten. Sie hat die von ihr verwendete Flasche für einwandfrei gehalten. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat am 05.07.2007 ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Auf den Einspruch des Klägers hat es durch Urteil vom 22.11.2007 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch gemäß § 12 ProdHaftG verjährt sei. Die Eltern des Klägers als gesetzliche Vertreter hätten bereits am Tag des Unfalls Kenntnis vom Schaden und von dem behaupteten Fehler des Flaschenverschlusses gehabt. Ob ihnen an diesem Tag auch schon die Beklagte als Herstellerin bekannt gewesen sei, könne dahinstehen, denn jedenfalls kurze Zeit später hätten sie durch einfache Nachfrage bei der Polizei, die die Flasche sichergestellt gehabt habe, den darauf aufgedruckten Hersteller ermitteln können. Dies sei ihnen nach spätestens einer Woche, d. h. am 17.5.2003, auch zumutbar gewesen. Eine Hemmung durch Verhandlungen reiche damit zeitlich keinesfalls aus, um die Verjährung zu hindern.

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 18.12.2007 zugestellt worden ist, hat dieser mit Schriftsatz vom 16.01.2008 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 17.03.2008 begründet, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 18.03.2008 verlängert worden war.

Der Kläger ist der Auffassung, dass Ansprüche gegen die Beklagte wegen des Unfalls vom 10.05.2003 noch nicht verjährt seien. Allein aufgrund des Herausspringens des Verschlusseinsatzes hätten seine Eltern keine Kenntnis von dem Fehler gehabt, sondern erst durch das am 21.11.2003 erhaltene Sachverständigengutachten aus dem Ermittlungsverfahren. Die technischen Zusammenhänge hätten, ähnlich wie im Arzthaftungsprozess, zumindest im Ansatz zu erkennen sein müssen. Zunächst habe sich der Vater selbst die alleinige Schuld gegeben, ein Beweisantritt durch Sachverständigengutachten wäre Ausforschung gewesen. Ferner sei die Verjährung durch Verhandlungen vom 20.4. bis zum 27.05.2004 für insgesamt 38 Tage gehemmt gewesen. Indes sei die Kenntnis vom Hersteller auch erst am 05.03.2004 gegeben gewesen, als die Fa. T1 diesen benannt habe. Eine Nachschau in einem T1-Markt sei nicht möglich gewesen, weil gleichartige Flaschen dort inzwischen nicht mehr erhältlich gewesen seien. Der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis sei selbst grob fahrlässige Unkenntnis nicht einfach gleichzustellen.

Der Kläger behauptet zum Unfallhergang nunmehr, dass sich die Flasche nur sehr schwer habe öffnen lassen. Unter den Holzkohlen müsse bereits eine Flamme vorhanden gewesen sein, die jedoch für den Vater des Klägers noch nicht erkennbar gewesen sei, als dieser aus ca. 30 cm Entfernung die Grillpaste - ohne Ventil - aus der Flasche auf den Grill gegossen habe. Dadurch sei ein stabiler Brennpastenstrang entstanden, der von der nicht sichtbaren Flamme entzündet worden sei. Die Flamme habe den Flaschenhals erreicht und habe die in der Flasche befindliche Brennpaste entzündet. Es sei hier zur Verpuffung gekommen. Der Vater des Klägers habe reflexartig die Flasche weggezogen. Dabei sei die brennende Grillpaste aus der Flasche herausgeschleudert worden und habe den Kläger getroffen.

Der Kläger trägt zu den Unfallfolgen ergänzend vor. Es wird insoweit auf den Schriftsatz vom 29.05.2009 nebst Lichtbildern Bezug genommen (Bl. 478 ff. d.A.).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld (mindestens 50.000 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen zukünftigen Schäden zu ersetzen, die aus dem Ereignis vom 10.05.2003 resultieren, soweit sie nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger vermische in der Berufungsbegründung die Verjährungsvoraussetzungen gemäß § 12 ProdHaftG mit den abweichenden des § 852 BGB, der z. B. in Arzthaftungsprozessen einschlägig sei. Wenn er auf eine erst am 21.11.2003 vorhandene Kenntnis von dem behaupteten Produktfehler abstelle, verkenne er, dass bei § 12 ProdHaftG bereits leicht fahrlässige Unkenntnis genüge. Spätestens als seine Mutter die Flasche zwei Tage nach dem Vorfall der Polizei übergeben habe, sei diese gegeben gewesen. Die Behauptung, sein Vater sei zunächst von einer eigenen fehlerhaften Handhabung ausgegangen, stehe im Widerspruch zum erstinstanzlichen Vortrag und sei auch präkludiert. Auch ohne die Grundlage eines Gutachtens hätte ein Prozess nicht "ins Blaue hinein" geführt werden müssen, weil die schlichte Behauptung eines Produktfehlers und eines darauf beruhenden Schadens ausreichend gewesen wäre. Für den Beginn der Verjährungshemmung sei erst auf den 26.4.2004, den Tag des Antwortschreibens, abzustellen; das Verhandlungsende habe in dem Ablehnungsschreiben vom 17.5.2004 gelegen, das der Kläger selbst als eindeutige Ablehnung aufgefasst habe. Die Ermittlung der Beklagten als Anspruchsgegnerin wäre dem Kläger zur Vermeidung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs ebenfalls unmittelbar möglich gewesen. Die Verjährung habe gemäß §12 ProdHaftG sofort und nicht erst am Jahresende begonnen.

Die Beklagte bestreitet weiter den Unfallhergang. Die Schilderung des Klägers sei nicht plausibel. Es liege auch kein Produktfehler vor. Die DIN-Vorschriften für Brennpasten seien eingehalten worden. Das Produkt sei TÜV-geprüft. Auch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung habe die Brennpastenflasche untersucht und habe keine Verkehrssicherungspflichtverletzung feststellen können. Wegen der Einzelheiten wird auf das mit Schriftsatz vom 03.04.2009 überreichte TÜV Zertifikat (Bl. 381 d.A.), den Prüfbericht vom 19.10.1995 (Bl. 382 d.A.) und das ivm Prüfgutachten vom 20.12.2004 (Bl. 390 d.A.) sowie das mit Schriftsatz vom 03.11.2009 überreichte Gutachten des BAM vom 11.08.1997 (Bl. 527 d.A.) verwiesen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass sich das Dosierventil nur habe lösen können, weil der Vater des Klägers zum Öffnen der Flasche ungewöhnlich viel Kraft aufgewendet habe. Eine feste Verbindung von Flasche und Dosierventil sei technisch nicht herstellbar. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass es sich bei einer Brennpaste um ein ohnehin gefährliches Produkt handele, bei dem der Verwender eine höhere Eigenverantwortung trage.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Eltern des Klägers gem. § 141 ZPO persönlich angehört und hat Beweis erhoben durch Einholung von mündlichen und schriftlichen Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 12.06.2008 (Bl. 293 d.A.), 07.04.2009 (Bl. 428 d.A.) und 30.11.2010 (Bl. 610 d.A.) sowie auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl. Chem.-Ing. Dipl. Biol. E T2 vom 20.02.2009 und 28.09.2009 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund des Grillunfalls vom 10.05.2003.

Dabei ist hier nicht weiter zu klären, ob ein entsprechender Anspruch aus § 12 ProdHaftG bereits verjährt ist.

Denn es bestehen hier nicht verjährte Ansprüche gem. den §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hat, indem sie die von ihr hergestellte Brennpaste in einer mit einem Konstruktionsfehler behafteten Flasche in den Verkehr gebracht hat und diese Pflichtverletzung zu einer Verletzung des Körpers des Klägers geführt hat.

Die deliktische Haftung ist durch die Anwendbarkeit des Produkthaftungsgesetzes nicht ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 ProdHaftG).

Die haftungsbegründende Handlung eines Herstellers oder Händlers für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist das In-Verkehr-Bringen eines fehlerhaften Produktes.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von der Beklagten in Verkehr gebrachte Brennpastenflasche der Marke "T" einen Produktfehler aufweist.

Eine Definition des Produktfehlers findet sich in § 3 ProdHaftG. Der Fehlerbegriff ist mit dem des § 823 Abs. 1 BGB deckungsgleich (Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl., § 823 Rdn. 166). Danach hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann.

Hier ist ein Konstruktionsfehler der Flasche aufgrund der Gutachten des Sachverständigen T2 bewiesen.

Entscheidend für die Frage, ob ein Konstruktionsfehler vorliegt, ist, ob das Produkt insoweit dem Stand von Wissenschaft und Technik und den anerkannten Regeln des Fachs entspricht. Technische Normen - insbesondere DIN-Normen - bilden zwar einen Mindeststandard an Sicherheit. Ihre Einhaltung genügt aber nicht, wenn die technische Entwicklung oder die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Normen hinausgegangen sind oder wenn sich bei der Benutzung des Produkts Gefahren gezeigt haben (Produktbeobachtungspflicht), die in den Normen noch nicht berücksichtigt sind (BGH, NJW 1994, 3349 ff.; Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl., § 3 ProdHaftG Rnd.4). Eine Haftung besteht auch dann, wenn der Fehler bei der Konstruktion bereits erkennbar und vermeidbar war (Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl., § 1 ProdHaftG, Rdn. 21).

Die Sicherheitsanforderungen an eine Konstruktion werden dabei durch das jeweils gefährdete Rechtsgut und die Größe der Gefahr bestimmt. Bei Gefahr für Körper und Gesundheit von Menschen - möglicherweise in vielen Fällen - sind die Anforderungen besonders hoch. Maßgebend sind insoweit nur Erkenntnisse, die zu der Zeit bestanden, als eine Schadensabwendung noch in Betracht kam (BGHZ 80, 186 für eine "Warnpflicht"; Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl., § 823 Rdn.169).

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen T2 in seinen schriftlichen Gutachten vom 20.02.2009 und 28.09.2009 und in den Terminen am 07.04.2009 und 30.11.2010 ist ein solcher Konstruktionsfehler zu bejahen.

Der Sachverständige hat die Sicherung des Dosierventils im Flaschenhals der T-Brennpastenflasche als mangelhaft bewertet. Zum einen lasse sich das Ventil ohne Kraftaufwand durch eine schräge Abnahme des Verschlusses vom Flaschenhals abhebeln. Zum anderen könne das Ventil auch bei einem kräftigen Auspressen der Brennpasteflasche herausgedrückt werden. Schließlich bestehe noch die Gefahr, dass sich durch eine Alterung der Flasche die Nähte an den Rändern des Flaschenhalses lösen und so ein Rausfallen des Ventils verursachen könnten. Der Sachverständige hat ergänzend ausgeführt, dass das Abhebeln des Ventils auch bei neuen Flaschen leicht möglich sei und nicht nur deshalb, weil sich bei der alten Flasche durch das mehrfache Abhebeln die Verbindung gelockert habe.

Der Sachverständige hat ferner den Flascheninhalt untersucht und verschiedene Brandversuche durchgeführt. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Brennpaste an einer Flamme entzünden, die Flamme an dem beim Gießen aus der Flasche ohne Ventil entstehenden Brennpastenstrang zum Flaschenhals aufsteigen und dort das Ethanol-Dampfgemisch in der (nicht mehr vollen) Flasche entzünden könne. Hierbei entstehe eine Stichflamme von über 30 cm Länge, die die verbliebene Brennpaste entzünden könne. Ein solcher Flammenrückschlag könne bei Verwendung des Dosierventils nicht entstehen.

Unter Berücksichtigung der Gefährlichkeit des leicht entflammbaren Inhalts hält der Sachverständige aus technischer Sicht eine untrennbare Verbindung des Dosierventils mit der Flasche für erforderlich. Er hält - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine solche Flasche für technisch herstellbar. Flasche und Dosierventil müssten nicht aus einem Guss bestehen, es sei ausreichend, wenn das Dosierventil in den Flaschenhals eingeschraubt oder eingeklebt werde.

Der Sachverständige hat sich außerdem mit den damals geltenden DIN-Vorschriften und der Abnahme durch den TÜV eingehend auseinandergesetzt. Nach der DIN 66358 ist es erforderlich, dass das Dosierventil fest mit der Flasche verbunden ist. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass die nach der DIN 66358 vorgeschriebene und vom TÜV durchgeführte Prüfung der Verbindung Dosierventil - Flaschenhals nur unter der Anwendung von Zugkräften vorgenommen wurde. Dies sei unzureichend, weil bei der Verwendung der Brennpaste auch mit Hebelkräften zu rechnen sei. Das Dosierventil löse sich bereits dann, wenn die Verschlusskappe nur leicht schräg abgezogen werde. Mit seiner solchen Handhabung müsse gerechnet werden. Zudem könne sich der Verschluss verkanten oder der Verschluss könnte - gerade bei Flaschen, die bereits länger in Gebrauch sind - verkleben. Dadurch werde das Öffnen der Flasche erschwert und erfordere den Einsatz von Hebelkräften. Der Einsatz von Hebelkräften sei deshalb vorhersehbar. Es sei auch damit zu rechnen, dass die Brennpaste ohne Dosierventil verwendet werde. So sei für den Verwender nach dem Aufhebeln nicht unbedingt erkennbar, dass überhaupt ein Dosierventil vorhanden gewesen sei. Zudem könne sich das Ventil beim Auspressen der Flasche lösen. Es müsse auch damit gerechnet werden, dass die Brennpaste auf bereits brennende Grillkohlen gelange und sich so entzünden könne. Denn kleine Flammen seien bei Tageslicht kaum sichtbar.

Die Ausführungen des Sachverständigen, der über eine langjährige Berufserfahrung als Gutachter im chemisch-technischen Bereich verfügt, sind überzeugend. Er hat sich mit den geltenden Regeln der Technik, dem Entwicklungsstand und den Einwendungen der Beklagten eingehend auseinander gesetzt. Seine Ausführungen waren nachvollziehbar und plausibel. Er hat seine Untersuchungsergebnisse auch in den Terminen noch einmal mündlich untermauert. Insbesondere hat er die leichte Aushebelbarkeit des Dosierventils ohne nennenswerten Kraftaufwand im Termin am 07.04.2009 eindrucksvoll demonstriert.

Die Ergebnisse decken sich zudem mit den Feststellungen des in dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren beauftragten Sachverständigen C, der ebenfalls eine konstruktive Unzulänglichkeit des Flaschenverschlusses als Schadensursache angesehen hat.

Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von der Beklagten in den Verkehr gebrachte Flasche einen Konstruktionsfehler aufweist, der von Anfang an erkennbar und vermeidbar war, weil sich das Dosierventil gerade nicht nur bei einer völlig fernliegenden Fehlanwendung, sondern auch im Rahmen der üblichen Verwendung vom Flaschenhals lösen und so einen gefährlichen Flammenrückschlag auslösen kann.

Das Verschulden der Beklagten bezüglich dieses Konstruktionsfehlers wird vermutet, wobei sich diese Vermutung auch auf das Organisationsverschulden erstreckt (BGH NJW 1969, 269; NJW 1999, 1028; Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl. § 823 Rdn. 184). Die Beklagte vermochte sich insoweit nicht zu entlasten.

Es steht weiter aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest, dass sich allein aufgrund des fehlerhaften Flaschenverschlusses die Brennpaste entzünden und einen Flammenrückschlag auslösen konnte und dass der Kläger von der brennenden Paste am Kopf und Arm getroffen wurde und so schwere Verbrennungen erlitten hat.

Dies ergibt sich aus den Anhörungen der Eltern des Klägers sowie aufgrund der Gutachten des Sachverständigen T2.

Der Vater des Klägers hat bei seinen Anhörungen glaubhaft bekundet, dass er am 10.05.2003 die Kohlen im Tischgrill habe anzünden wollen. Der erste Versuch mit einem festen Anzünder sei aus seiner Sicht erfolglos geblieben. Er habe sich deshalb an die Brennpaste erinnert, die schon etwas älter gewesen sei, und habe diese zum Anzünden der Kohlen benutzen wollen. Er habe vor dem Grill gestanden und habe versucht, die Flasche zu öffnen. Diese sei jedoch verklemmt oder verkanntet gewesen. Er habe den Sicherheitsverschluss der Flasche mit einem höheren Kraftaufwand öffnen wollen. Dies sei ihm auch gelungen, jedoch habe sich dabei auch das Dosierventil aus der Flasche gelöst. Der Vater des Klägers hatte zunächst angegeben, dass sich beim ruckartigen Öffnen der Flasche die Brennpaste in einem Schwall über den Grill ergossen habe und sich dabei entzündet habe. Später hat der Vater seinen Vortrag dahingehend geändert, dass er nach dem Öffnen die Brennpaste aus ca. 30 cm Entfernung auf die Kohlen gegossen habe. Dadurch sei ein stabiler Brennpastenstrang entstanden, der von einer für ihn nicht sichtbaren Flamme entzündet worden sei. Die Flamme habe den Flaschenhals erreicht und habe die noch in der Flasche befindliche Brennpaste entzündet. Es hierbei zu einer Verpuffung gekommen. Er habe die Flasche reflexartig weggezogen, wodurch die brennende Paste nach hinter geschleudert worden sei und dort den Kläger getroffen habe, der gerade auf den Balkon getreten sei.

Der Senat hält den Vater des Klägers für glaubwürdig, auch wenn seine Angaben zum Schadenshergang wechselten. Der Senat hat den Eindruck gewonnen, dass der Vater um eine genaue Rekonstruktion des Geschehensablaufs bemüht war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es sich um Ereignis handelte, dass innerhalb kürzester Zeit abgelaufen ist und mit einem für die Eltern schockierenden Ausgang endete. Es ist verständlich und nachvollziehbar, wenn dem Vater des Klägers die Rekonstruktion des Ablaufs schwer fällt, weil in dem Moment das Entsetzen über die Folgen seines Handels und die Sorge um das Leben des eigenen Kindes im Vordergrund standen.

Der Vortrag des Vaters des Klägers ist aber im Wesentlichen stimmig. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten des Sachverständigen T2. Dieser hat den Vortrag zum Schadenshergang auf seine Plausibilität überprüft und hat dazu umfangreiche Versuche durchgeführt.

Der Sachverständige hat dabei zunächst bei der Untersuchung der verwendeten Flasche festgestellt, dass Flaschenhals und Inneneinsatz der Verschlusskappe einen Rückstand aus getrocknetem Geliermittel aufwiesen. Dies könne zwanglos das Verkleben des Verschlusses und die Probleme des Vaters beim Öffnen der Flasche erklären. Des Weiteren hat der Sachverständige festgestellt, dass der Rand des Flaschenhalses geschmolzen und der Hals insgesamt thermisch verformt ist, was auf eine große Hitze schließen lasse. Dadurch sei der von dem Vater beschriebene Flammenrückschlag plausibel. Die Versuche zur Erzeugung eines Flammenrückschlags hätten ergeben, dass dieser dann entstehe, wenn die Brennpaste ohne Dosierventil aus einer Entfernung von < 30 cm auf die Grillkohlen gegossen werde, so dass ein stabiler Brennpastenstrang entstehe. Dieser müsse sich an einer Flamme entzündet haben. Die Versuche hätten gezeigt, dass bei Tageslicht kleine Flammen, die zur Entzündung ausreichten, nicht sichtbar seien. Auch die vom Grill aufsteigende Flamme am Brennpastenstrang sei bei Tageslicht nicht ohne Weiteres erkennbar. Die Flamme arbeite sich in weniger als 2 Sekunden zum Flaschenhals hoch und könne dann wegen des fehlenden Dosierventils durch die große Flaschenöffnung das in der halb leeren Flasche befindliche Ethanol-Dampfgemisch entzünden. Es entstehe dann eine Stichflamme mit einem dumpfen Zischgeräusch, über das man sich sehr erschrecken könne. Es handele sich dabei nicht um eine Verpuffung im technischen Sinne. Das Wegreißen der Flasche durch den Vater und das nach hinten Schleudern der Brennpaste seien so nachvollziehbar.

Eine solche Ereigniskette sei bei Verwendung des Dosierventils ausgeschlossen, da dieses einen Flammenrückschlag nicht zulasse.

Der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen T2 für zutreffend und überzeugend. Der Sachverständige hat in seinen schriftlichen und mündlichen Gutachten seine Untersuchungen, Versuchsanordnungen und die Ergebnisses anschaulich und verständlich erläutert. Er hat sich dabei auch eingehend mit den Einwendungen der Beklagten auseinandergesetzt und vermochte diese überzeugend auszuräumen.

Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Kläger am 10.05.2003 von brennender Paste der Marke "T" an Kopf und Körper getroffen wurde und so Verbrennungen erlitt und dass für diesen Schadenshergang der Konstruktionsfehler der Flasche kausal gewesen ist.

Die Beklagte haftet damit für alle aufgrund des Konstruktionsfehlers entstandenen Schäden, und zwar in voller Höhe.

Eine Zurechnung eines etwaigen Mitverschuldens des Vaters gem. § 278 BGB kommt nicht in Betracht, da eine solche Zurechnung nur im Rahmen eines im Zeitpunkt des Unfalls bestehenden Schuldverhältnisses oder einer rechtlichen Sonderverbindung erfolgen kann und eine solche hier nicht vorliegt (Palandt-Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 278 Rn.2, § 254 Rn.49). Das bloße Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht reicht als Sonderverbindung gerade nicht aus (Palandt-Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 254 Rdn. 54 a.E.).

Auch eine Kürzung der Ansprüche des Klägers auf Schmerzensgeld und Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs scheidet hier aus. Nach der Rechtsprechung des BGH haftet der eine Schädiger voll, wenn der andere Schädiger aufgrund der Haftungsfreistellung des § 1664 BGB zum Ausgleich nicht herangezogen werden kann. In diesen Fällen liege wegen des Haftungsmaßstabes des § 1664 Abs.1 BGB schon keine Gesamtschuldnerschaft vor, so dass der haftungsbegründende Tatbestand nicht erfüllt sei (BGH, NJW 88, 2667; BGH NJW 04, 2892).

Die Haftungsfreistellung des § 1664 Abs. 1 BGB greift hier ein, weil nicht festzustellen ist, dass der Vater des Klägers die eigenübliche Sorgfalt außer Acht gelassen oder eine Aufsichtspflicht verletzt hat.

Dem Kläger steht gem. § 253 Abs. 2 BGB für die erlittenen Verletzungen des Körpers ein angemessenes Schmerzensgeld zu.

Der Senat hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € für angemessen.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat sich der Senat an der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes orientiert. Es soll einerseits dem Geschädigten ein angemessener Ausgleich für diejenigen Schäden gegeben werden, anderseits soll dem Gedanken Rechnung getragen werden, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet. Der Verletzte soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht worden sind (Palandt-Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 253 Rdn. 11). Bei der Höhe des Schmerzensgeldes sind alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bemessungsgrundlagen sind das Verletzungsbild, d.h. Art, Ausmaß und Schwere der Störungen, Dauer der Beeinträchtigung, vorhandene Schäden, Vorliegen eines Dauerschadens, Komplikationen. Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt entscheidend von dem Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Lebensbeeinträchtigung ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten ist oder zu diesem Zeitpunkt mit ihr als künftiger Verletzungsfolge ernsthaft gerechnet werden muss. Darüber hinaus soll sich die Höhe des Schmerzensgeldes in das Gesamtsystem der Schmerzensgeldjudikatur einfügen. Aus Gründen der rechtlichen Gleichbehandlung soll die Größenordnung dem Betragsrahmen entsprechen, der in vergleichbaren Fällen zugrunde gelegt worden ist.

Der Kläger hat durch Vorlage der Berichte der behandelnden Ärzte Dr. med. U und L vom 18.07.2003, Dr. med. U und Dr. med. Q vom 17.09.2003, Dr. med. U vom 02.04.2004 und Dr. med. L vom 26.07.2007 sowie der Lichtbilder die Verletzungsfolgen ausreichend substantiiert dargelegt. Die Beklagte hat die Verletzungsfolgen nicht bestritten, soweit sie belegt sind, so dass eine weitere Beweiserhebung insoweit nicht erforderlich ist. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die in den Berichten gemachten Angaben nicht zutreffen.

Es steht damit fest, dass der Kläger durch den Unfall vom 10.05.2003 Verbrennungen 2. und 3. Grades am Kopf und am rechten Unterarm erlitten hat, insbesondere in der rechten Gesichtshälfte, hinter dem rechten Ohr, an der rechten und linken Ohrmuschel und am rechten Handgelenk. Es sind dabei 15 % der Körperoberfläche betroffen. Der Kläger ist in der Zeit vom 10.05.2003 bis zum 11.06.2003 stationär behandelt worden, wobei er wegen der großen Schmerzen in ein künstliches Koma versetzt worden ist. Es sind mehrere operative Eingriffe, insbesondere Eigen- und Fremdhauttransplantationen erfolgt. Der Kläger hat bis Mai 2005 eine Gesichtsmaske und eine Unterarmbandage zur Kompressionsbehandlung tragen müssen. Es sind entstellende Narben, insbesondere im Gesicht, zurück geblieben, die einer ständigen Pflege und Behandlung bedürfen. Das Ausmaß der Verbrennungen und die Narbenbildung im Gesicht sind durch die vorgelegten Lichtbilder ausreichend belegt.

Da sich der Kläger noch im Wachstum befindet, ist die Narbenbildung noch nicht vollständig abgeschlossen. Es ist nicht auszuschließen, dass es im Bereich der Verbrennungsnarben zu Bewegungseinschränkungen kommen wird, die weitere operative Eingriffe notwendig machen.

Nach den Angaben der Mutter des Klägers sind die psychischen Auswirkungen bislang gering gewesen, was auf das kindliche Alter des Klägers zurückzuführen ist.

Unter Abwägung aller Gesichtspunkte, insbesondere im Hinblick auf das Alter des Klägers, die entstellende Narbenbildung im Gesicht und die Dauerfolgen, hält der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € für angemessen. Dieser Betrag hält sich dabei im Rahmen der Beträge, die in ähnlichen Fällen für Verbrennungsfolgen zugesprochen wurden. Es wird insoweit auf die Entscheidungen OLG Stuttgart NJW-RR 1992, 670; OLG Frankfurt VersR 1978, 874, LG Duisburg, Az.: 1 O 123/93, Urt. v. 31.08.1993 und LG Bochum, Az.: 5 O 310/01, Urt. v. 09.07.2004 Bezug genommen.

Die Ansprüche des Klägers gem. § 823 Abs. 1 BGB sind auch nicht verjährt, denn die Verjährung dieser Ansprüche beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist - hier Mai 2003 - und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dies war im Jahr 2003. Da die dreijährige Verjährungsfrist folglich erst Ende 2003 begann, war die Klageeinreichung am 29.12.2006 wegen der alsbaldigen Zustellung am 17.01.2007 (§167 ZPO) rechtzeitig.

Der Zinsanspruch ist gem. den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig und begründet.

Das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gem. § 256 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist gegeben. Entscheidend ist bei Schadensersatzklagen, dass die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit weiterer Folgeschäden besteht. Im Rahmen der Begründetheit ist erforderlich, dass zukünftige Schäden wahrscheinlich sind, auch wenn Art, Umfang und Eintritt noch ungewiss sind. Dies ist hier der Fall. Die vom Kläger erlittenen Verletzungen können insbesondere wegen des noch nicht abgeschossenen Wachstums in der Zukunft zu gegenwärtig noch nicht vorhersehbaren Folgeerscheinungen führen.

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 Abs.1 S. 1, 101 Abs. 1 S. 2, 709 Nr. 10, 711 ZPO.

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