„elektronischer Schnickschnack“ – Registrierungen im Sinne des Elektrogesetzes
Beschluss vom Oberlandesgericht Sachsen Anhalt
Entscheidungsdatum: 18.06.2010
Aktenzeichen: 1 Ss (B) 13/10
Leitsätze
Werden Elektrogeräte über das Internet zum Erwerb angeboten, ohne dass diese „zuvor bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register registriert wurden“, verstößt dies noch nicht gegen das ElektroG, da „das Anbieten von Elektrogeräten im Internet kein Inverkehrbringen im Sinne des § 6 II S. 1 und 5 ElektroG darstelle“.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau gegen das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 9. Oktober 2009 (13 OWi 182/09) wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen der Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Das Amtsgericht hat die Betroffene vom Vorwurf der fahrlässigen Verletzung der Registrierungspflicht (§ 6 Abs. 2 S. 1 ElektroG) und des fahrlässigen Inverkehrbringens nicht registrierter Elektrogeräte (§ 6 Abs. 2 S. 5 ElektroG) aus Rechtsgründen freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau mit der Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Dem Urteil lagen die Feststellungen zugrunde, dass die Betroffene am 15. Juni 2007 auf der Internetseite www....de näher bezeichnete, ungenutzte Elektrogeräte zum Erwerb angeboten habe, ohne sich zuvor bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (nachfolgend: EAR) registrieren zu lassen. Das Amtsgericht hat den Freispruch darauf gestützt, dass allein das Anbieten von Elektrogeräten im Internet kein Inverkehrbringen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 und 5 ElektroG darstelle und § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG lediglich verlange, dass die Registrierung dem Inverkehrbringen vorauszugehen habe. Dass die Registrierung bereits eine gewisse Zeit vor dem Inverkehrbringen zu erfolgen habe, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Das Amtsgericht hat den Begriff „Inverkehrbringen“ zutreffend ausgelegt. Der Begriff „Inverkehrbringen“ ist im ElektroG nicht bestimmt. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist ein Gerät in den Verkehr gebracht, wenn es erstmals entgeltlich oder unentgeltlich auf dem Gemeinschaftsmarkt für den Vertrieb oder die Benutzung im Gebiet der Gemeinschaft bereitgestellt wird. Bereitgestellt wird das Elektrogerät, wenn es den Herrschaftsbereich des Herstellers verlassen hat und in denjenigen eines Dritten gelangt oder diesem zugänglich ist (vgl. Schmalz/Fehling, ElektroG, § 3 Rn. 37; Senat, Beschluss vom 14. Mai 2010; 1 Ss (B) 109/09). Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Besitz an dem Gerät an den Dritten übertragen oder ein Recht zum Besitz begründet wurde. Dabei kann der Dritte ebenso ein Händler oder ein Endnutzer sein. Jedenfalls ist ab diesem Zeitpunkt das Gerät so in den Rechtsverkehr gelangt, dass es später als Altgerät zur Entsorgung ansteht. Keine Überlassung liegt damit vor, wenn der Hersteller für sein Produkt in Katalogen oder im Internet wirbt, denn darin ist noch keine konkret abfallwirtschaftlich gefährliche Verhaltensweise zu sehen (vgl. Giesberts/Hilf, ElektroG, 2. Aufl., § 3 Rn. 49; Senat, a. a. O.).
Das Amtsgericht hat es zu Recht dahingestellt lassen, ob die Gesellschaften, denen die Betroffene vorsteht, originäre oder fiktive Herstellerinnen im Sinne des ElektroG sind. Wer nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 5 ElektroG als Hersteller anzusehen ist, bestimmt § 3 Abs. 11 und 12 ElektroG. Danach ist Hersteller zunächst, wer Geräte im Geltungsbereich des ElektroG erstmals in Verkehr bringt. Als Hersteller gilt aber auch, wer schuldhaft neue Elektrogeräte eines nicht registrierten Herstellers gewerblich für den Nutzer anbietet. Dass der Vertreiber bereits dann als Hersteller gilt, wenn er Elektrogeräte nur anbietet, bedeutet indes nicht, dass er schon zur Zeit des bloßen Anbietens registrierungspflichtig ist oder bereits das Anbieten der Elektrogeräte eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellt. § 6 Abs. 2 ElektroG setzt die Herstellereigenschaft voraus und konstituiert nur Pflichten für den Hersteller. (Erst) wenn der Vertreiber auch als Hersteller gilt, obliegen ihm dessen Pflichten (Giesbert/Hilf, a. a. O., § 3, Rn. 74), die nicht über das hinausgehen können, was auch den originären Hersteller trifft.
Dem Amtsgericht ist auch in der Auffassung zuzustimmen, § 6 Abs. 2 Satz 1 ElektroG verlange nur, dass die Registrierung dem Inverkehrbringen zeitlich – unter Umständen unmittelbar – vorangehe. Der Hersteller hat sich zu vergewissern, dass die Eintragung erfolgt ist, bevor er ein Elektro- oder Elektronikgerät in Verkehr bringt. Dagegen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die Registrierung bereits eine gewisse Zeit vor dem Inverkehrbringen von Elektro- und Elektronikgeräten erfolgt sein muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Satz 1 StPO).
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