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Thüringen

Fehlende Eignungskriterien in der Bekanntmachung und fehlende Benennung von Unterkriterien sind schwere Verfahrensfehler

Beschluss vom Thüringer Landesverwaltungsamt

Entscheidungsdatum: 17.03.2009
Aktenzeichen: 250-4003.20-650/2009-003-EF

Leitsätze

1. Alle in die Bewertung der Eignung einbezogenen Eignungskriterien müssen mit der Bekanntmachung veröffentlicht werden.
2. Die Vergabestelle hat alle für die Bewertung eines Angebots aufgestellten Kriterien und Gewichtungen mit der Anforderung zur Angebotsabgabe bekannt zu geben hat.
3. Auch wenn ein Aufhebungsgrund nicht anerkannt wird, kann die Aufhebung durch die von der Vergabestelle entdeckten anderen Vergabefehler nachträglich als zulässig gewertet werden.

Tenor

1. Der Antrag der Antragstellerin wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Die Höhe der Gebühr wird auf xxxx,- erstatten.

4. Die Antragstellerin hat auch die der Vergabestelle im Nachprüfungsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu tragen.

5. Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes für die Vergabestelle wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

1. Sachverhalt

Die VST schrieb im Oktober 2007 den o. g. Dienst- und Lieferleistungsauftrag der „Beschaffung von Systemkomponenten im Vertriebssystem der VST“ im Amtsblatt der Europäischen Union, im Wege des Offenen Verfahrens, europaweit aus.

Der Leistungsumfang war für Los A in der Bekanntmachung beschrieben als:
„-66 Elektronische Fahrscheindrucker (EFAD)-ausschließlich für Busse.
-105 Mobile Fahrkartenautomaten (für Straßenbahnen und Busse).
-1 gemeinsames Hintergrundsystem für EFAD und Mobile Fahrkartenautomaten.“

Als Zuschlagskriterium wurde das wirtschaftlich günstigste Angebot genannt. Betreffend die Einzelkriterien wurde auf die Vergabeunterlagen hingewiesen. In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots wurden als Einzelkriterien der Preis, die Qualität, die Ausführungsfrist, die Funktionalität, die Vergütungsbedingungen, die Gewährleistung sowie die Wartung, genannt.

Mit Schreiben vom 02.11.2007 teilte die VST den Bewerbern vor dem Ablauf der Frist zur Abgabe der Angebote Änderungen Zuschlagskriterien mit:
- Preis (netto) 40%
- Einhaltung Spezifikation Lastenheft 35%
- Nachweis Referenzen 10%
- Wartung 10%
- Gewährleistung/Garantien 5%.

Die Zuschlagskriterien Qualität, Funktionalität, Ausführungsfrist aus der Bekanntmachung wurden lt. obigem Schreiben dem neu gebildeten Zuschlagskriterium „Einhaltung der Spezifikation Lastenheft“ zugeordnet. Ob diese drei ehemaligen Zuschlagskriterien nun als Unterkriterien des Zuschlagskriteriums „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ fungieren sollten, welche Anteile diese in dem neu gebildeten Kriterium haben sollten und wie diese bewertet werden sollten (für welchen Angebotsinhalt steht welche Bewertung/Pkt. o.ä.) wurde den Bewerbern nicht mitgeteilt. Gleiches gilt für die anderen vier Zuschlagskriterien.

In der Bekanntmachung wurde in den Punkten III.2.1 „persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers….“ und III.2.2 „Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit“ keine Eignungsnachweise bekanntgegeben. Es wurde auf die Verdingungsunterlagen verwiesen. Zu Punkt III.2.3 „Technische Leistungsfähigkeit“ erfolgte kein Eintrag.

Lt. Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes EVM(L)A waren mit dem Angebot abzugeben:
„- Eintrag in das Handelsregister oder der Handwerksrolle
- Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes
- Erklärung der Arbeitsgemeinschaft
- Bescheinigung der Berufsgenossenschaft
- Nachweis über die erfolgreiche Ausführung vergleichbarer Leistungen (Referenzen) der letzten 3 Jahre
- Gesamtumsatz und der Umsatz der letzten 3 Jahre in ähnlichen Projekten“
Der Gewerbezentralregisterauszug sollte auf Verlangen vorgelegt werden. Lt. Bewerbungsbedingungen waren Änderungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig.

Das Rahmenlastenheft beinhaltete unter Pkt. 3 auf den Seiten 6-23 Anforderungsspezifikationen für Los A. Auf Seite 3 des Rahmenlastenheftes befand sich eine Preisabfragetabelle mit folgendem

Tabellenkopf:
Nr. Position Anzahl Preis Summe

Für Los A enthält die Preisabfragetabelle drei Hauptpositionen:
1. Fahrausweisdrucker,
2. Mobiler Fahrkartenautomat,
3. Hintergrundsystem,
die in Unterpositionen und diese in Unterunterpositionen aufgegliedert wurden. Den Hauptpositionen und Unterpositionen waren mit Ausnahme der Unterpositionen 1.4 „Software“ 2.2 „Zusatzapplikationen“ 2.3 „Zubehör“ 2.4 „Software“ jeweils Mengen zugeordnet. Bei den Unterunterpositionen erfolgte nur für die Unterunterposition 2.3.2 „Einbauhilfen“ eine Mengenangabe. Für insgesamt 17 Unterpositionen bzw. Unterunterpositionen erfolgten keine Mengenangaben.

Eine Festlegung darüber, zu welchen der Hauptpositionen, Unterpositionen, Unterunterpositionen Preise und Summen anzugeben bzw. nicht anzugeben waren, war aus der o.g. Preisabfragetabelle nicht zu entnehmen, da für alle diese „Positionen“ die Möglichkeit zum Preiseintrag/Summeneintrag bestand und somit keine „Sperrung“ erfolgte.

Unter Pkt. 3.1.1 „Technische Anforderungen“ wurde den Bewerbern mitgeteilt: „Zusätzlich wird ein Angebot zu 220 Geldwechslern sowie zur Ausrüstung mit geeigneten Transporttaschen, die zugleich ein Fach für die Aufbewahrung von Banknoten besitzen, erwartet.“ Diese Leistungen (Geldwechsler, Transporttaschen) waren in der Preisabfragetabelle als Unterpositionen 1.5 und 1.6 mit der Mengenangabe 220 enthalten. Eine gesonderte Kennzeichnung dieser zwei Unterpositionen, die diese als Positionsart formal von den anderen unterschieden hätte und die einen Hinweis auf eine besonderen Behandlung im Rahmen der Kalkulation und der Wertung gegeben hätte, erfolgte nicht.

Das auf Seite 5 des Rahmenlastenheftes für Los A vorgegebene Mengengerüst beinhaltete zum Pkt. A.3.2 „Mobiler Fahrkartenautomat (alle Straßenbahnen sowie 13 Busse EFAD+ mobiler Automat)“ ebenso wie die Bekanntmachung mit der Anzahl 105 eine andere Mengenangabe als in der o.g. Preisabfragetabelle unter Pkt. 2 „Mobiler Fahrkartenautomat“ mit der Anzahl 104.

Im Angebotsschreiben EVM (L) Ang EG 233 EG Seite 3 wurden für Los A abgefragt:
- Summe Los A
- A.1 EFAD inkl. Infrastruktur Geldentsorgung nur Busse,
- A.2 Mobile Fahrkartenautomaten+EFAD für Straßenbahn,
- A.3 Gemeinsames Hintergrundsystem für A1 und A2.

Die Bezeichnungen der drei Teilsummen aus dem obigen Angebotsschreiben waren mit
denen der Hauptpositionen aus der Preisabfragetabelle
- A.1 Fahrausweisdrucker,
- A.2 Mobiler Fahrkartenautomat,
- A.3 Hintergrundsystem
nicht identisch.

Unter Pkt. 12.1 und 12.2 des EVM (L) BVB wurde den Bietern mitgeteilt, dass für die Lieferung und Leistung ein Gesamtpreis vereinbart wird und der Preis bis Fertigstellung ein Festpreis sein solle.

Im Rahmenlastenheft wurden von den Bewerbern zu Los A „optionale Leistungen“ abgefordert, die es diesen teilweise offen ließ was sie überhaupt anbieten wollen. Die als Optionen geforderten Leistungsinhalte waren aus den „normal“ anzubietenden Leistungen nicht extra herausgehoben, wurden einfach in den Text eingearbeitet. Das Rahmenlastenheft enthielt unterschiedliche Kennzeichnungen zur Verbindlichkeit, Art und Leistungseintritt der Leistungsabforderung (Bsp. Formulierung „zusätzlich ist….anzubieten“). In der Preisabfragetabelle wurden die „Optionen“ nicht extra als solche gekennzeichnet.

Unter Pkt. 3.1.1 „Technische Anforderungen für Fahrscheindrucker“ wurde mitgeteilt: „Mit dem Angebot sind Aussagen zu Möglichkeiten, Optionen und Grenzen der Kompatibilität für die Integration zwischen einem künftigen RBL (z.B. IBISplus) und dem angebotenen EFAD (Mindestanforderungen: Gemeinsame Bedienoberfläche) zu treffen.“ Unter Pkt. 3.1.9 „VDV-Kernapplikation Stufe 2“ wurde zu Optionen ausgeführt: „Weitere Anwendungen zum EFS, für POB und PEB sowie für WES/WEB sind als Option anzubieten.“

„…Das Zahlverfahren „Anwendungsfälle WES/WEB“ ist optional anzubieten.“

Mit Schreiben vom 10.04.2008 stellte die AST bei der Vergabekammer des Freistaates Thüringen einen Nachprüfungsantrag.

Mit Beschluss der Vergabekammer vom 09.05.2008 wurde der Nachprüfungsantrag der AST, weil offensichtlich unzulässig, verworfen.

Dagegen wandte sich die AST mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 28.05.2008 an das Thüringer Oberlandesgericht.

Mit Beschluss vom 11.08.2008 wies das Thüringer Oberlandesgericht gegenüber der AST die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer bis zur Entscheidung des Senats über die sofortige Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die Beschwerde nach Aktenlage keine Aussicht auf Erfolg habe, da der Nachprüfungsantrag im Ergebnis als unbegründet zurückzuweisen sei.

Mit weiterem Beschluss vom 29.08.2008 hat das Thüringer Oberlandesgerichtes auf Grund der stattgefundenen mündlichen Verhandlung seine Entscheidung dahingehend revidiert, dass sie den Beschluss der Vergabekammer vom 09.05.2008 abänderte und die VST verpflichtete, das Vergabeverfahren zu Los A, ab dem Zeitpunkt nach Angebotseröffnung und das Vergabeverfahren zu Los B, beginnend mit der Eignungsprüfung, jeweils unter Einbeziehung des Angebots der AST und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen. Das Vergabeverfahren zu Los C wurde aufgehoben. Die Prüfung und Wertung zu Los A war demzufolge komplett zu wiederholen. Mit dem vorgegebenen zwingenden Ausschluss der Bieterin Fa. Xxx & Xxx verblieben nur noch drei Bieterinnen in der Wertung.

Die AST war lt. Protokoll der Verdingungsverhandlung preisgünstigste Bieterin.

Die VST forderte die AST unter Terminsetzung auf, den Gewerbezentralregisterauszug, den lt. Lastenheft geforderten Terminplan und den Abstimmungsvermerk mit der Fa. Xxx, für das Hintergrundsystem, die Aufteilung des Gesamtpreises auf die einzelnen Unterlose und deren Positionen mittels eines vorgegebenen Formblattes vorzulegen. In Vorbereitung der Angebotsaufklärung wurden der AST Fragekomplexe mitgeteilt, die Gegenstand des Aufklärungsgespräches waren. Die AST widersprach umfangreich dem von der VST erstellten Protokoll des Aufklärungsgesprächs.

Mit Schreiben vom 24.09.2008 forderte die VST die AST unter Terminsetzung auf, für das Los A, ihren niedrigen Angebotspreis aufzuklären und die Kalkulationsunterlagen zu übergeben. Weiterhin wurde gefordert, die Verteilung des Gesamtpreises für Los A auf die Unterlose A1, A2, A3 und die Angaben (Anzahl, Einheitspreis, Gesamtpreis) zu den einzelnen Positionen, Unterpositionen und Unterunterpositionen auf einem beigefügten Formblatt (Inhalt analog o.g. Preisabfragetabelle) darzustellen.

Die VST nahm eine Angebotsprüfung und Wertung für alle vier Wertungsstufen des Loses A vor (siehe Vergabeakte S. 279-291, S. 393-411). Die Bieterin Fa. Xxx & Xxx wurde wegen Änderung der Verdingungsunterlagen gemäß § 15 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A ausgeschlossen (s.o.: Beschluss OLG Jena).

Die verbliebenen drei Bieter, darunter die AST, wurden in der zweiten Wertungsstufe hinsichtlich ihrer Eignung, unter Verwendung der in den Verdingungsunterlagen geforderten Eignungsnachweise (Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit), geprüft. Der AST und der Bieterin Fa. Xxx ist im Rahmen der zweiten Wertungsstufe der Vermerk
Zugeordnet „Folgende Angebote kommen für den Zuschlag nicht in Betracht, weil die Bieter die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen (insbesondere eine einwandfreie Ausführung einschließlich Gewährleistung) erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit oder
Zuverlässigkeit nicht besitzen.“ Bei der Bieterin Fa. Xxx ist vermerkt „Der Bieter hat inzwischen Insolvenz angemeldet und ist somit auszuschließen.“

Betreffend die AST führte die VST ein im Jahr 2007 aufgehobenes Insolvenzverfahren an, weiterhin die schlechte finanzielle Situation der AST, die schlechte Bonitätssituation lt.
Wirtschaftsauskunft, die Zweifel an der Leistungsfähigkeit angesichts des Jahresumsatzes 2006 in Höhe von 1,8 Mio Teil der geforderten Leistung, die Präsentation nur mittels Prototyp, keine Demonstration Einbau EFAD und mobiler Automat und äußerte nachhaltige Zweifel daran, ob die AST den Auftrag störungsfrei, qualitätssicher und zeitgerecht ausführen könne. Die AST besitze deshalb nicht die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit und sei deshalb gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszuschließen. Dem verbleibenden Bieter der Fa. xxx wurde die Eignung bestätigt.

Die AST wurde auch in der dritten Wertungsstufe bewertet, obwohl sie zuvor bereits wegen fehlender Eignung von der VST in der zweiten Wertungsstufe ausgeschlossen worden war. Die VST schätzte die Angebotssumme der AST im Verhältnis zur Leistung als ungewöhnlich niedrig ein. Betreffend die Angebotssumme des Bieters Fa. xxx wurden keine Aussagen getroffen.

In der vierten Wertungsstufe führte die VST die Wertung für die AST und die Bieterin Fa. Xxx entsprechend der mit Schreiben vom 02.01.2007 datierenden Schreiben (s.o.) bekanntgegebenen Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtungen durch. Lt. Seite 409 Vergabeakte erfolgte die Angebotsbewertung offensichtlich innerhalb der o.g. fünf Zuschlagskriterien mittels eines Punktsystems. Vermutet werden kann, da nicht dokumentiert, dass die maximal erreichbare Punktzahl „4“ war.

Für das Kriterium „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ erfolgte nachweislich der Vergabeakte bei der Wertung eine Aufsplittung in Angebotsteile: EFAD, MVM, Hintergrundsystem lt. Rahmenlastenheft (S. 410, 411 Vergabeakte), in „Unterkriterien“. Diese drei „Unterkriterien“ wurden nochmals in Leistungsanforderungen aufgeteilt (EFAD 10; MVM 7; Hintergrundsystem 11), also in „Unter-Unterkriterien“. Die „Unter-Unterkriterien“ wurden jeweils mit unterschiedlichen Punktanzahlen (erkennbare Punktwerte 0,5 bis 17) bewertet. Die Punktwerte der „Unter-Unterkriterien“ je Unterkriterium wurden zum Punktwert „Unterkriterium addiert. Die Punktwerte der drei „Unterkriterien“ wurden addiert und diese Summe anschließend in das Verhältnis zur Maximalpunktzahl (lt. S 409 Vergabeakte 161 Punkte) gesetzt. Diese Verhältniszahl wurde mit 4 multipliziert und so der für die Wertung maßgebliche Punktwert des Zuschlagskriteriums „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ ermittelt, welcher dann mit der Gewichtung des Zuschlagskriteriums multipliziert wurde. Wann es für diese Kriterien bzw. Unterkriterien welche Punktzahl geben sollte und was die Maximalpunktzahl sein sollte wurde den Bewerbern vor Angebotsabgabe nicht bekanntgegeben.

Für die in der vierten Wertungsstufe durchgeführte Angebotswertung ist aus der Vergabeakte keine vor der Angebotsabgabe erstellte einheitliche Bewertungsgrundlage (Bewertungsmatrix oder Punktsystem) erkennbar. Wann die Festlegungen für die durchgeführte Bewertung erfolgten, ist nicht erkennbar. In der Verhandlung am 10.03.2009 erklärte die VST betreffend den Zeitpunkt der Bekanntgabe der für die Bewertung der Zuschlagskriterien verwendeten Bewertungsmatrix und des verwendeten Punktsystems, dass diese im Aufklärungsgespräch den Bietern, also nach der Abgabe der Angebote und nach der Angebotseröffnung mitgeteilt worden sei.

Nach der Wertung in der vierten Wertungsstufe war die Fa. xxx wirtschaftlichste Bieterin.

In der Begründung des Vergabevorschlags wurde ausgeführt, dass zwei Bieter (siehe oben) auszuschließen wären. Von den verbleibenden Bietern habe die Fa. xxx das wirtschaftlichste Angebot. Der AST könne aus Sicht der wirtschaftlichen Eignung sowie der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Zuschlags nicht erteilt werden.

Bezogen auf die Einhaltung der Vorgaben des Lastenheftes könne weder zu Gunsten der AST noch der Bieterin Fa. xxx eine Vergabeentscheidung getroffen werden. Deshalb werde vorgeschlagen, da kein bezuschlagungsfähiges Angebot vorliege, das Vergabeverfahren gemäß § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A aufzuheben.

Mit Schreiben vom 19.01.2009 teilte die VST der AST mit, dass sie im Ergebnis der erneuten Prüfung und Wertung im vorbezeichneten Vergabeverfahren zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Ausschreibung zu Los A aufgehoben werden müsse, weil kein Angebot eingegangen sei, das den Ausschreibungsbedingungen entspreche. Bezug nehmend auf das Angebot der AST führte die VST aus, dass der Ausschluss wegen mangelnder Eignung und nicht wertbarem Angebot (Nichteinhaltung der Vorgaben des Lastenheftes und des Leistungsverzeichnisses) erfolge. Ebenso teilte die VST der AST die Gründe mit, aufgrund derer die anderen drei Bieter auszuschließen waren.

Mit Schreiben vom 21.01.2001 rügte die AST gegenüber der VST die beabsichtigte Aufhebung der Ausschreibung und forderte diese auf, die Aufhebungsentscheidung bis zum 23.01.2009 aufzuheben und ihr den Zuschlag zu erteilen. Sie bat um Mitteilung, ob Los B ebenfalls aufgehoben werde. Sie führte aus, die Aufhebungsgründe seien vorgeschoben. Das OLG habe in seinem Beschluss 9 Verg 5/08 zwar festgestellt, dass die Angebote der anderen drei Bieter auszuschließen, ihr Angebot hingegen zu werten sei. Das OLG habe zudem die Eignung der AST sowie die Einhaltung des Lastenheftes und des Leistungsverzeichnisses geprüft. Ansonsten hätte ihre Beschwerde keinen Erfolg gehabt. Da nur ihr Angebot zuschlagsfähig sei, sei ihr demzufolge auch der Zuschlag zu erteilen.

Mit Schreiben vom 23.01.2009 führte die VST gegenüber der AST aus, dass sie der Rüge nicht abhelfe, die Aufhebungsgründe seien nicht vorgeschoben, sondern hätten sich nach nochmaliger sorgfältiger Prüfung und Wertung so ergeben. Das OLG Jena habe nicht festgestellt, dass nur das Angebot der AST zu werten sei, sondern lediglich ausgeführt, das das Angebot einer konkret benannten Bieterin auszuschließen sei. Ansonsten müsse die Wertung wiederholt werden. Die Prüfung des OLG habe sich allein auf die 1. Wertungsstufe bezogen, da das Angebot der AST bereits zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen worden sei. Die folgenden Wertungsstufen seien zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des bisherigen Nachprüfungsverfahrens und damit auch nicht Gegenstand der Nachprüfung und Entscheidung durch das OLG gewesen. Die Ausführungen des OLG zur Eignungsprüfung fänden sich nicht im Urteil wieder. In der letzten mündlichen Verhandlung sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Eignungsprüfung selbstverständlich in Verantwortung der VST erfolge und dieser bei der Eignungsbeurteilung ein Ermessen zustehe. Dieses habe sie ausgeübt und sei zu einem Ergebnis gekommen,
welches im Vergabevermerk nachvollzogen werden könne. Sie bitte um selbstkritische Prüfung und Abwägung, ob die AST ein weiteres Vergabeverfahren anstrenge oder bei einer Neuausschreibung die Chance wahrnehme, sich wieder mit einem Angebot zu beteiligen.

Es sei beabsichtigt, auch die Ausschreibung für Los B aufzuheben.
Mit Schreiben vom 27.01.2009 beantragte die AST bei der Vergabekammer des Freistaat Thüringen:
1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 107 ff. GWB;
2. Einsichtnahme in die Vergabeakten;
3. die Aufhebung der Ausschreibung aufzuheben;
4. festzustellen, dass ihr der Zuschlag zu erteilen sei;
5. hilfsweise, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer
festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen;
6. hilfsweise, festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorliege;
7. der VST die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zur Begründung führte die AST aus, sie wende sich gegen die rechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung sowie verschiedene, bereits gerügte Vergaberechtsverletzungen der VST. Diese beabsichtige, entgegen den vergaberechtlichen Bestimmungen, willkürlich das Vergabeverfahren aufzuheben, obwohl mit ihrem Angebot ein zuschlagsfähiges Angebot vorliege.

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet, da sie in ihrem Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen verletzt sei. Hierzu werde auf den Beschluss des OLG Jena, 9 Verg 5/08 vom 29.08.2008, Bezug genommen. Ihr Angebot stehe gemäß der Feststellung des OLG Jena als zuschlagsfähiges und vollständiges Angebot im Wettbewerb um die ausgeschriebenen Leistungen. Die Aufhebungsentscheidung zu den Losen A und B der VST halte einer vergaberechtlichen Überprüfung nicht stand. Ungeachtet dessen, dass der Senatsvorsitzende der VST an keiner Stelle einen Freibrief (freies Ermessen) zugebilligt habe, lasse sich diese Auslegung der VST weder aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung noch aus dem Vergaberecht ableiten. Eine sofortige Beschwerde könne nur erfolgreich sein, wenn dem Beschwerdeführer ein Schaden entstanden ist oder drohe. Dies setze voraus, dass der Beschwerdeführer ein wertbares Angebot vorgelegt habe und über die erforderliche Eignung verfüge. Dies alles sei vom Gericht geprüft und bejaht worden. Es habe ausdrücklich festgelegt, dass ihr Angebot einzubeziehen sei und die Ausschlussgründe der anderen Bewerber zu prüfen seien. Die von der VST formulierten Ausschlussgründe habe das OLG alle geprüft und ausgeschlossen. Der Ausschluss ihres Angebotes sei daher willkürlich und somit vergaberechtlich nicht haltbar, dieses also, wie vom OLG vorgeschrieben, zu werten. Aus diesem Grunde komme auch eine Aufhebung der Ausschreibung nicht in Betracht, so dass diese aufzuheben sei.

Der AST sei Akteneinsicht zu gewähren, das Akteneinsichtsrecht stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Sie habe alles unternommen, um den Nachprüfungsantrag zu verhindern. Sie habe sogar angeboten, das System testweise im Echtbetrieb zu installieren. Statt dies zu nutzen, habe die VST nahezu alles unternommen, um sie zu diskriminieren und zu behindern, mit dem Ziel, das Vergabeverfahren zu desavouieren. Der Auftrag stehe ihr zu und sie wolle auch den Auftrag. Durch ihr vergaberechtswidriges Verhalten dokumentiere die VST, dass ihr Seilschaften wichtiger seien als eine optimale und wirtschaftliche Lösung. Genau um dies zu verhindern, habe der Gesetzgeber die Vergabeordnung eingeführt.

Mit Datum vom 29.01.2009 beschloss die Vergabekammer des Freistaates Thüringen die Zustellung des Antrags der AST an die VST und forderte diese unter Terminsetzung zur Übergabe der vollständigen, durchnummerierten Vergabeakte und ohne Terminsetzung zur Stellungnahme zum Antrag auf.

Der mit Datum vom 03.02.2009 von der VST beantragten Fristverlängerung zur Übergabe der Vergabeakte wurde durch die Vergabekammer entsprochen.

Mit Datum vom 06.02.2009 überreichte die VST „die Unterlagen zur Eignungsprüfung“ (Wirtschaftsauskunft von „Bürgel Wirtschaftsinformationen“ und „Creditreform“ zur AST und anderen Bietern, sowie zu Beschlüssen zu Insolvenzverfahren), die sich im kaufmännischen Bereich der VST befunden hätten. Betreffend Wertung und deren Ergebnis werde auf den Vergabevermerk und die weiteren Unterlagen der Vergabeakte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 11.02.2009 führte die VST zu fehlenden Referenzen der AST aus, dass in den Verdingungsunterlagen EVM(L) A231 Seite 2.2 verlangt worden sei: „Mit dem Angebot sind vorzulegen:….Nachweis über die erfolgreiche Ausführung vergleichbarer Leistungen (Referenzen) in den letzten drei Jahren.“ Im Lastenheft stehe unter Punkt 4.10 (Seite 45), letzter Absatz: „Der Auftragnehmer hat darüber hinaus einen Nachweis über die durchgeführten Referenzobjekte sowie….zu erbringen.“ Vergleichbare Leistungen wären solche, die den, in den Losen enthaltenen Forderungen wie Geräte und technische Lösungen entsprechen würden. Die benannte Referenz der „Cottbus Verkehr GmbH“ stamme aus dem Jahr 2001/2002 und sei ein Probebetrieb gewesen. Den Zuschlag habe die AST nicht erhalten, womit die Referenz für mobile Automaten fehle.

Die Ausführung der Referenz „CeBus/Celle“ stamme aus den Jahren 2003/2004. Ausgeführt worden sei EFAD, Hintergrundsystem und Verkaufstellenrechner. Die AST habe lt. Auftraggeber die „Erwartungen/Anforderungen“ nicht erfüllt. In der Zwischenzeit sei eine andere Vertriebstechnik eingeführt worden. Die Referenzen Stadt Lübeck und ESWE Wiesbaden wären lediglich Feldversuche (kein Praxisbetrieb) und aus dem Jahr 2003. Keine der zuvor genannten Referenzen sei wertungsfähig, da nicht wie gefordert aus den letzten drei Jahren. Die Referenz „Nahverkehr xxxxx NVH“ betreffe nicht Los 1, tangiere eventuell Los 2 im Bereich GPRS. Der Auftraggeber habe dort jedoch WLAN ausgeschrieben und erwartet. Folge sei, dass auch diese Referenz nicht für Los A verwendet werden könne.

Verwiesen werde auf die Gründe im Vergabevermerk zur fehlenden finanziellen, wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der AST. Die Eignungsentscheidung der VST betreffend die AST sei eine Prognoseentscheidung. Die AST überzeuge die VST weder persönlich, fachlich, noch in Hinsicht finanzieller Leistungsfähigkeit. Die festgestellten finanziellen und technischen Probleme der AST aus Rechtsstreitigkeiten führten zur Einschätzung, dass die AST nicht die Gewähr für die vertragsgerechte Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen biete (vorliegend Creditreformindex 500, Bürgel 3,9 Höchstkredit xxx

Es fehle die kaufmännische, finanzielle Erfahrung und Zuverlässigkeit (Geschäftsentwicklung 2002 bis Insolvenz 2005 mit Insolvenzquote 0,5%). Da die damals agierenden Personen die gleichen wie gegenwärtig wären, bestehe kein Vertrauen in die finanzielle Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Aus diesem Gesamtbild, zuzüglich der Bedenken betreffend die sachliche, personelle Ausstattung und realisierten Umsätze der letzten Jahre, ergebe sich die Überzeugung, dass die AST nicht in der Lage sei, die Leistung
zu erbringen. Die AST habe auch lt. Angebot Leistungen des LV als Normalposition, andere die zwingend anzubieten waren, jedoch als Option angeboten. Der Preis aus Normalposition und Optionen liege ca. 22% unter dem Durchschnittspreis, nach Aufklärung immer noch ca. 18%. Durch die Unklarheiten aus dem Angebot würden sich im Zuschlagsfall unkalkulierbare Risken dahingehend ergeben, was denn eigentlich Vertragsgegenstand sei. Das Angebot könne gemäß § 25 Nr. 2 und 3 VOL/A nicht angenommen werden.

Ein referenzbelegter mobiler Automat fehle völlig, der in der Präsentation vorgelegte habe Unzulänglichkeiten, Mängel aufgewiesen. Beim Hintergrundsystem fehle die Zertifizierung für die Schnittstelle. Betreffend die Wartung werde auf den Vergabevorschlag und die dort aufgeführten Mängel hingewiesen.

Mit Schreiben vom 17.02.2009 erfolgte die Ladung zur mündlichen Verhandlung im Thüringer Landesverwaltungsamt am 10.03.2009 um 9.00 Uhr, sowie die Festlegung des Schriftsatzfristendes zum 05.03.2009.

Wegen verspäteter, unvollständiger Übergabe der Vergabeakten erfolgte mit Verfügung der Vergabekammer vom 17.02.2009 die Verlängerung der Entscheidungsfrist der Vergabekammer bis zum 20.03.2009.

Die Vergabekammer gab dem Antrag der VST (17.02.2009) auf Verlängerung des Schriftsatzfristendes bis zum 09.03.2009, 12.00 Uhr statt.

Mit Schreiben vom 19.02.2009 beantragte die VST die Verlegung des Verhandlungstermins wegen anderweitiger zwingender Verpflichtungen. Die Vergabekammer lehnte den Antrag der VST ab, erklärte sich jedoch mit der Terminverschiebung für den Fall einverstanden, dass die VST mit allen Beteiligten eine einvernehmliche Terminverschiebung herbeiführen würde. Dieses erfolgte seitens der VST nicht.

Mit Schreiben vom 05.03.2009, nach Ablauf Schriftsatzfristende, trug die AST ergänzend vor.

Mit Schreiben vom 06.03.2009 beantragte die VST bei der Vergabekammer des Freistaates
Thüringen, den Antrag der AST in allen Punkten zurückzuweisen. Ergänzend führte die VST, nach Schriftsatzfristverlängerung, aus, dass sich die Nichteignung/Unzuverlässigkeit der AST auch im Verlaufe des Vergabeverfahrens ergeben habe. Auf Antrag der AST sei der Präsentationstermin mehrfach verschoben worden. Das präsentierte Gerät sei, entgegen der ausdrücklichen Forderung der VST, ein anderes als das ursprüngliche angebotene gewesen, habe eine Vielzahl von Unzulänglichkeiten und Mängeln besessen und nicht den Anforderungen des Lastenheftes entsprochen. Der Geräteaustausch sei unzulässig, verstoße gegen die Gleichbehandlung und führe zum Ausschluss der AST.

Die Änderung des ursprünglichen Automaten, die wiederholten Terminverschiebungen zur Präsentation, die mehrfach angemahnte und verzögerte Rückgabe, der der AST zur Verfügung gestellte „Halteplatte“ erst nach Androhung gerichtlicher Geltendmachung, die aus dem Insolvenzplan (AST) bekannt gewordenen Rechtsstreitigkeiten würden ein Gesamtbild der AST geben und deren Unzuverlässigkeit -nach Einschätzung der VSTbelegen. Insoweit die AST davon ausgehe, dass nach der OLG-Entscheidung nur noch die Ausschlussgründe der anderen Bieter zu prüfen wären, treffe dieses nicht zu. Die Entscheidung laute, die Angebotsprüfung ab dem Stand nach Angebotseröffnung zu wiederholen. Der Zuschlag sei nicht der AST zu erteilen, eher der Fa. xxx, da diese mit einem Bonitätsindex von 1,6 finanziell und wirtschaftlich besser geeignet sei. Weiterhin habe
dieses Unternehmen das technisch und kaufmännisch bessere Angebot abgegeben, ein fertiges und funktionstüchtiges Gerät EFAD präsentieren können und eine bereits realisierte Schnittstelle, die eine PT-COM-Zertifizierung habe. Bei den Wertungskriterien der VDV Kernapplikation und den Referenzen ergebe sich Gleiches. Der Antrag der AST betreffend die verpflichtende Zuschlagserteilung auf sie sei auch unzulässig, da der VST eine eigene Entscheidungskompetenz zukomme.

Nach Ablauf der von der Vergabekammer in der Verhandlung gesetzten Schriftsatzfristverlängerung führten sowohl AST als auch VST ergänzend aus.

Hinsichtlich des Inhaltes der Unterlagen, insbesondere der eingereichten Angebote, wird auf die Vergabeakte in Gestalt der bei der Vergabekammer vorliegenden Nachprüfungsakte sowohl des Ausgangsverfahrens (Az. 250-4003.20-971/2008-010-EF) als auch des streitgegenständlichen Nachprüfungsverfahrens sowie die ergangenen Beschlüsse des Thüringer Oberlandesgerichtes in Jena (Az. 9 Verg 5/08) verwiesen.

Gründe

2. Entscheidungsbegründung

2.1 Zuständigkeit

2.1.1*Die Vergabekammer beim Thüringer Landesverwaltungsamt ist zuständig, wenn nach § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 der Thüringer Verordnung zur Regelung der Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern (ThürVkVO), die VST ein Auftraggeber mit Sitz im Freistaat Thüringen ist und der maßgebliche Schwellenwert überschritten ist.

2.1.2 Die VST ist Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB aus dem Freistaat Thüringen, der nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) bei der Vergabe von Dienstleistungen, die Bestimmungen des Abschnittes 2 des Teiles A der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) anzuwenden hat, wenn sich der geschätzte Gesamtauftragswert wenigstens auf den in § 2 Nr. 3 VgV genannten Wert beläuft.

2.1.3 Gemäß § 100 Abs. 1 GWB gelten die Nachprüfungsvorschriften des GWB nur für Aufträge, bei denen die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschritten sind. Die nach § 127 Abs. 1 GWB vorgesehene Rechtsverordnung ist per 01.02.2001 in Kraft getreten. Der für Dienstleistungen maßgebliche Schwellenwert wurde in § 2 Nr. 3 VgV vom 09.01.2001 festgelegt und betrug 2007 - 211.000,- Der vorliegend geschätzte Gesamtauftragswert liegt lt. Kostenansatz der VST für Los A bereits bei ca. x,00 Mio netto und überschreitet damit den gemäß § 2 Nr. 3 VgV
angegebenen Schwellenwert.

2.1.4 Da der maßgebliche Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV mit der o. g. voraussichtlichen Gesamtauftragssumme überschritten wird und die VST Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB aus dem Freistaat Thüringen ist, ist entsprechend § 100 Abs. 1 und § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 ThürVkVO die Zuständigkeit der Vergabekammer des Freistaates Thüringen gegeben.

2.2 Zulässigkeit

Der Antrag der AST ist zulässig.

2.2.1 Die Anforderungen, die gem. §§ 107 Abs. 1 und 2 und 108 GWB an einen zulässigen Antrag zu stellen sind, wurden durch die AST erfüllt. Die AST hat deutlich herausgestellt, dass sie ein Interesse an den ausgeschriebenen Leistungen hat. Sie hat sich mit ihrem Angebot um diesen Auftrag beworben. Ihr Angebot liegt preislich an erster Stelle der Bieterrangfolge. Die AST rügte die Aufhebung des Offenen Verfahrens als rechtswidrig. Sie hat ferner vorgetragen und begründet, dass für ihr Angebot, die von der VST benannten Ausschlussgründe (Fehlende Eignung, Nichteinhaltung der Vorgaben des Lastenheftes und des Leistungsverzeichnisses), nicht zutreffen würden. Ihr Angebot sei wertungsungsfähig und somit zuschlagsfähig. Das OLG Jena habe in seinem Beschluss 9 Verg 5/08 festgestellt, dass die anderen Bieter auszuschließen wären. Weiterhin habe das OLG die Eignung der AST und die Einhaltung des Lastenheftes sowie des Leistungsverzeichnisses durch sie geprüft. Nur so ergebe sich der Erfolg der AST aus der Beschwerde.

2.2.2 Die Rügen der AST erfolgten nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB unverzüglich. Danach muss die Rüge nach Kenntniserlangung des Vergabeverstoßes so bald erklärt werden, als es dem Antragsteller nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Es ist ein für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendiger Zeitraum anzuerkennen. Auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist auch bei der Fristenberechnung Rücksicht zu nehmen. Als absolute Obergrenze sind hierbei, je nach Einzelfall, bis zu 14 Tage - entsprechend § 121 BGB - anzusehen. Die AST hat mit Schreiben vom 21.01.2009 die o.g. Verfahrensverstöße gegenüber der VST gerügt, von denen sie zuvor mit Schreiben der VST vom 19.01.2009. Kenntnis erhielt. Die resultierende Zeitspanne zwischen Information durch die VST und den Rügen der AST bei der VST kann hier als unverzüglich im Sinn der Vorschrift erachtet werden. Der Rügeverpflichtung durch die AST ist gemäß § 107 Abs. 3 GWB Genüge getan.

2.3. Begründetheit

Der Antrag der AST ist unbegründet. Der Nachprüfungsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der VST standen dem Grunde nach sonstige zwingende Aufhebungsgründe, zwar nicht die von ihr benannten, aber gleichwohl andere, als Begründung der Aufhebung zur Verfügung. Die Aufhebung des Offenen Verfahrens war nicht aufzuheben.

In dem, von der AST, der Vergabekammer zur Verfügung gestellten Protokoll (01.12.2008) zum Nachprüfungsverfahren 9 Verg 9/08 des OLG Jena, führte letzteres zur nicht zutreffenden Begründung der Aufhebungsentscheidung der damaligen VST (Entscheidung von Vergabekammer bestätigt) aus: „Hinsichtlich der von der Vergabekammer aufgeführten Aufhebungsgründe der Ausschreibung weist der Senat darauf hin, dass sie nach seiner Einschätzung nicht vorliegen. Eine Aufhebung der Ausschreibung war gleichwohl geboten, weil der Vergabestelle ein anderer wichtiger Grund im Sinn von § 26 VOL/A zur Seite steht. Die Ausschreibung litt nämlich an derart schwerwiegenden Mängeln, dass eine Aufhebung im Nachprüfungsverfahren geboten gewesen wäre; die selbe Konsequenz kann deshalb auch die Vergabestelle ziehen. Der Senat weist zunächst auf die insoweit zutreffenden Gründe der Vergabekammerentscheidung hin. Er weist weiter darauf hin, dass die Wertungsmatrix den Bietern hätte bekanntgegeben werden müssen…..“

Eine ebensolche Fallkonstellation liegt mit diesem Nachprüfungsverfahren vor.

Den von der VST aufgeführten Aufhebungsgründen liegen Sachverhalte aus der Sphäre des jeweiligen Bieters, betreffend dessen Eignung, bzw. Ursachen aus den jeweiligen Angebotsinhalten der Bieter, zugrunde. Es mag dahinstehen, ob diese von der VST genannten Gründe zwingend zum Ausschluss aller Bieter führen und in der Konsequenz zur Verfahrensaufhebung oder ob das Angebot der AST, wie von ihr vorgetragen, wertungsfähig und zuschlagsfähig ist.

Es liegen andere Aufhebungsgründe für das Vergabeverfahren bereits in dem Zeitraum vor der Angebotsabgabe bzw. sogar schon im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Vergabeverfahrens vor, die dazu führen dazu, dass das vorliegende Vergabeverfahren bereits aufgrund prinzipieller, schwerwiegender Vergaberechtsverstöße zwangsläufig nicht erfolgreich, d.h. nicht mit Zuschlagserteilung, beendet werden kann.

2.3.1 Fehlende Bekanntgabe der geforderten Eignungsnachweise in der
Bekanntmachung

Die fehlende Bekanntgabe von Eignungsnachweisen in der Bekanntmachung ist ein Verstoß gegen den § 7a Nr. 3 Abs. 3 VOL/A. Sie führt zur Unmöglichkeit der Angebotswertung in der zweiten Wertungsstufe, zur Unmöglichkeit der Einhaltung der Vergabegrundsätze gemäß § 2 Nr. 3 VOL/A. Der Verstoß kann aufgrund fehlender gesetzlicher Regelung nicht durch eine nachträgliche Bekanntgabe von geforderten Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen geheilt werden.

Die VST führte in der Bekanntmachung unter den Punkten III.2.1 „Persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers sowie Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufoder Handelsregister“, III.2.2 „Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit“ und III.2.3 „Technische Leistungsfähigkeit“ keine geforderten Nachweise auf. Lediglich in den ersten zwei Punkten erfolgte ein Hinweis auf die Verdingungsunterlagen.

Gemäß § 7a Nr. 3 Abs.1 VOL/A kann die VST Nachweise in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht verlangen, muss es aber nicht. Wenn aber Nachweise -die Eignung betreffend- gefordert werden, sind diese gemäß § 7a Nr. 3 Abs. 3 VOL/A in der Bekanntmachung bekanntzugeben: „Der Auftraggeber gibt bereits in der Bekanntmachung (§17 und 17a) an, welche Nachweise vorzulegen sind….“ In den § 17a und 17 VOL/A wird nochmals auf die Pflicht zur Bekanntmachung und den Inhalt verwiesen „sind… bekannt zu machen“ bzw. „…..wird nach….enthaltenem Muster erstellt“.

Im Gegensatz zu den Zuschlagskriterien, bei denen gemäß § 9a Nr. 1 VOL/A deren Bekanntgabe entweder in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen erfolgen kann, der VST mit dem Wort „oder“ also eine Wahlmöglichkeit offen steht, ist dieses für die Bekanntgabe der geforderten Eignungsnachweise nicht der Fall. Wie oben dargestellt, „gibt“ die VST mit der Bekanntmachung die Eignungsnachweise an. Eine alternative Bekanntgabemöglichkeit derselben ist nicht vorgesehen. Dieses wäre auch angesichts der notwendigen Kenntnis der Bewerber über die geforderten Eignungsnachweise als einer wesentlichen Grundlage für deren Entscheidung an der Wettbewerbsteilnahme überhaupt teilzunehmen nicht sinnvoll, würde zu unnötigem Aufwand und Kosten für die Bewerber führen.

Das führt dazu, dass seitens der VST ein Nachschieben von abgeforderten Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen nicht zulässig ist. Das Nachschieben würde zu einer Veränderung der Voraussetzungen für die Bewerbung um den Auftrag führen.

Somit waren die von der VST in den Vergabeunterlagen aufgeführten und von den Bewerbern/Bietern abgeforderten Eignungsnachweise, nach vorherigem Verweis in der Bekanntmachung auf die Vergabeunterlagen, in der Wertung nicht zu berücksichtigen. Unproblematisch wäre es, wenn sowohl in der Bekanntmachung als auch in den Vergabeunterlagen die gleichen abgeforderten Eignungsnachweise enthalten wären.

Da gemäß § 2 „Grundsätze der Vergabe“ durch die VST Leistungen nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bieter (§ 2 Nr. 3 VOL/A) zu vergeben sind, ist es zwingend erforderlich, dass die VST diesen die Eignungsnachweise mitteilt, welche sie für die Feststellung der Bietereignung benötigt (Offenes Verfahren, Nichtoffenes Verfahren). Zulässigerweise erfolgt dieses gemäß § 7a Nr. 3 Abs. 3 nur in der Bekanntmachung. Die Auswahl und Festlegung der bekanntzugebenden Eignungsnachweise hat unter Beachtung der Besonderheiten des Vergabegegenstandes und der Rahmenbedingungen der Auftragsausführung zu erfolgen (§ 7 Nr. 4 VOL/A). Die geforderten Eignungsnachweise müssen es der VST ermöglichen, eine sachgerechte und fachgerechte Beurteilung der Bieter hinsichtlich des Vorliegens der für die Auftragserfüllung erforderlichen Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit (nachfolgend F, L, Z) in Form einer Prognoseentscheidung zu treffen.

Vorliegend müsste also, aufgrund der nicht in der Bekanntmachung aufgeführten Eignungsnachweise und unbeachtlich des Hinweises in der Bekanntmachung auf die Vergabeunterlagen davon ausgegangen werden, dass für die VST Eignungsmerkmale bei der Vergabe des Auftrags keine Rolle spielen sollen, der Auftragsgegenstand so gelagert ist, dass an die Bieter keine besonderen Anforderungen bei der Auftragsausführung zu stellen sind, jeder Bieter diesen Auftrag ausführen könne.

Angesichts der von der VST nachträglich erfolgten Abforderung von Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen war dieses aber gerade nicht der Fall. Die VST legte im Rahmen der Wertung in der zweiten Wertungsstufe sehr wohl großen Wert auf die Eignungsbeurteilung, was durch die intensive Auseinandersetzung mit der AST als Bieterin klar in der zweiten Wertungsstufe belegt wird. Da aber diese Eignungsnachweise nicht in der Bekanntmachung bekanntgegeben wurden, waren sie nicht zu verwenden. Die Unzulässigkeit der Verwendung nachgeforderter Eignungsnachweise und damit die Unmöglichkeit der Angebotswertung in der zweiten Wertungsstufe durch die VST, nach den von ihr aus dem Auftragsgegenstand abgeleiteten erforderlichen Eignungsnachweisen, führt bereits zur Unmöglichkeit des vergaberechtlich ordnungsgemäßen Verfahrensabschlusses gemäß der Grundsätze der Vergabe (§ 2 Nr. 3 VOL/A).

2.3.2 Fehlende Bekanntgabe des in der Wertung verwendeten Wertungsschemas und der individuellen Punktbewertung.

Mit der nicht erfolgten Bekanntgabe des für die Wertung verwendeten Wertungsschemas und der individuellen Punktbewertung liegt ein Verstoß gegen die §§ 97 Abs. 7 GWB; 9a Nr. 1 lit. c VOL/A; 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A und 30 Nr. 1 VOL/A vor.

Die Nichtbekanntgabe der „Unterkriterien“ und „Unter-Unterkriterien“ als solche sowie der, bei deren Bewertung verwendeten Bewertungssysteme (Punktsystem/ Punktverteilung/ Wertungsmatrix), stellt einen Verstoß gegen die Bestimmungen aus Abschnitt 3 Auftragsvergabe, Artikel 53 Zuschlagskriterien, der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, § 97 Abs. 7 GWB, § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A, § 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) dar. Durch die Nichtbekanntgabe waren die Bieter daran gehindert, ihr Angebot an der von der VST für die Wertung verwendeten Wertungsmatrix auszurichten. Folge daraus war, dass die von der VST nachgeschobene, interne Bewertung nicht das optimale Ergebnis zeitigen kann, da zuvor ja kein Bieter entsprechend dieser Anforderungen mit seinem Angebot darauf reagieren konnte, bzw. die Angebotswertung für Manipulationen offen steht (Ausrichtung der Bewertung anhand der Angebote und dem gewollten Ziel). Auch liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB und die gemäß § 30 Nr. 1 VOL/A bestehende Dokumentationspflicht wegen nicht erfolgter Dokumentation der Begründung der Bewertungsentscheidung vor.

Nach Richtlinie 2004/18/EG besteht für die VST prinzipiell die Möglichkeit ihre Vergabeentscheidung nach dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, unter Verwendung verschiedener, mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängender, Kriterien, inclusive des Preises oder nur nach dem niedrigsten Angebotspreis auszurichten. Nach Richtlinie 2004/18/EG ist im Fall einer Auswahlentscheidung mittels des Kriteriums „wirtschaftlichstes Angebot“, für die Ermittlung des den Zuschlag erhaltenden Angebotes, die Gewichtung der für die Wertung maßgeblichen Kriterien bekannt zu geben (Artikel 53 Abs. 2): „…….gibt der öffentliche Auftraggeber im Fall von Absatz 1 Buchstabe a ….an, wie er die einzelnen Kriterien gewichtet, um das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln.“.

Die Angabe der Gewichtung kann als Faktor (Normalfall: Bsp. Teile von 1, ganze Zahlen, Prozentwerte, usw.), als Marge (Spanne (von – bis) Differenz zwischen (a – b)) oder im Ausnahmefall, wenn beides nicht möglich ist, ausschließlich als Rangfolge (absteigende Reihenfolge der Zuschlagskriterien) erfolgen. Wichtungen geben den Grad der Bedeutung, d.h. die Maßzahl an, die das Zuschlagskriterium im Rahmen der Angebotsbewertung zur Ermittlung des für den Zuschlag vorgesehenen Angebotes hat. Unterschiedliche Wichtungen führen bei der Vergabeentscheidung zur verstärkten Berücksichtigung des Kriteriums mit dem Wichtungsschwerpunkt.

Zuschlagskriterien stellen sich als aggregierte Begriffe dar, die jeweils in Form eines Stichwortes oder einer Wortverbindung die unter ihnen subsummierten sachlichen Grundlagen für deren Bewertung benennen. Zuschlagskriterien können in weitere, diesen zuordenbare Unterkriterien usw. aufgegliedert werden. Als Grundlage der Angebotsbewertung gelten die von der VST abgeforderten und von den Bewerbern/Bietern mit dem Angebot abzugebenden Angaben, Sachverhalte, Konzepte und deren Inhalte, die unter den Kriterien bzw. den Unterkriterien zu subsumieren sind.

Gemäß Richtlinie 2004/18/EG besteht ein Zuschlagskriterium demzufolge aus zwei Bestandteilen, dem verbal beschriebenen Kriterium und der diesem zugeordneten Bedeutung (Wichtung usw.).

Die zulässige, immer weitere Untergliederung von Zuschlagskriterien in „Unterkriterien“ und in der Folge „Unter-Unterkriterien“ usw. hat zur Folge, dass die „eigentliche Angebotsbewertung“ tatsächlich bereits in den, der Rangfolge am weitesten „nachgeordneten Kriterien“, welchen eine Gewichtung, in bestimmten Wertungsabfolgen auch Punktzahl, zugeordnet ist, erfolgt. Die danach erfolgende Zusammenfassung der Ergebnisse der Bewertung dieser „nachgeordneten Kriterien“ (Unterkriterien, Unter-Unterkriterien usw.) zu deren jeweils übergeordneten Kriterien usw. und am Ende zum Endergebnis, stellt für sich betrachtet, keine Wertung im eigentlichen Sinn mehr dar, sondern ist nur noch das Ergebnis einer Addition/ Verhältnisbildung, die bereits feststehen und auf die der Bewerber mit seiner Angebotsgestaltung keinen Einfluss mehr ausüben kann. Gerade daraus ergibt sich, dass im Fall der immer weiteren Untergliederung von Zuschlagskriterien und deren Gewichtung, dieses den Bewerbern zwingend bekanntzugeben ist, da die „eigentliche Bewertung“ in einem solchen Fall nicht in dem hochaggregierten Zuschlagskriterium erfolgt, sondern tatsächlich in dessen „nachgeordneten Kriterien“.

Die „eigentliche Angebotsbewertung“ erfolgt mittels der von den Bewerbern/Bietern abgefragten und mit deren Angeboten abgegebenen „Sachbezügen/Basisdaten“, die den in der Rangfolge am weitesten „nachgeordneten Kriterien“ zu subsumieren sind, bzw. im Rahmen der Angebotsabfrage durch die VST bereits eindeutig zugeordnet wurden.

Diese abgefragten „Sachbezüge/Basisdaten“ verlieren dann ihren Status als Grundlage der Angebotsbewertung, wenn sie mit einer, wie auch immer gearteten Gewichtung (Bsp. +, -, Punktbewertung, Bewertungsmatrix) versehen werden. In diesem Fall werden aus den ursprünglichen „Sachbezügen/Basisdaten“ Zuschlagskriterien im Sinn der Richtlinie 2004/18/EG, mit der Folge, dass diese den Bewerbern entweder mit der Bekanntmachung oder mit den Verdingungsunterlagen bekanntzugeben wären (9a Nr. 1 lit. c VOL/A; 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A).

Vorliegend erfolgte die Bekanntgabe der Zuschlagskriterien (5) sowie deren Gewichtung als %-Wert als Korrektur der Bekanntmachung mit Schreiben vom 02.11.2007 (siehe Sachverhalt S. 2).

Unter Beachtung der obigen Ausführungen hätte die VST ausschließlich auf der Grundlage der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien und deren Wichtung (§ 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) die Bewertung der fünf Zuschlagskriterien vornehmen müssen.

Gerade dieses erfolgte durch die VST aber nicht, wie das Beispiel Zuschlagskriterium „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ zeigt. Lt. Mitteilung vom 02.11.2007 an die Bewerber sollten drei der ursprünglich genannten Zuschlagskriterien (Qualität, Funktionalität, Ausführungsfrist) dem neu gebildeten Zuschlagskriterium „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ zugeordnet werden. Konsequenz wäre, dass diese drei ehemaligen Zuschlagskriterien nunmehr Unterkriterien des neuen Zuschlagskriterium „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ werden. In der Wertung der VST erscheinen diese drei „Unterkriterien“ weder als Begriffe noch als bewertete „Unterkriterien“. Die VST konnte betreffend die Einbeziehung dieser drei ehemaligen Kriterien in die von ihr durchgeführte Wertung keinen Beleg anführen, wie dies erfolgt sein sollte. Insbesondere zur Ausführungsfrist wurde nur ausgeführt, dass diese Berücksichtigung gefunden haben solle. Keine Angabe konnte zum „wie“ und ob überhaupt eine Berücksichtigung erfolgte getroffen werden.

Lt. Vergabeakte (siehe Sachverhalt zur Angebotsbewertung) wurde durch die VST das Zuschlagskriterium „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“ in drei Unterkriterien (EFAD, MVM, Hintergrundsystem lt. Rahmenlastenheft) aufgeteilt. Diese wurden nochmals in unterschiedliche Anzahlen von Leistungsanforderungen aufgeteilt (EFAD 10; MVM 7; Hintergrundsystem 11), denen jeweils unterschiedliche Punktanzahlen zugeordnet
wurden.
Bsp.:
Zuschlagskriterium: „Einhaltung Spezifikation Lastenheft“
Unterkriterium: „EFAD“
Unter-Unterkriterien (Anzahl 10)
- Technische Anforder. Punktzahl (?)
- Schnittstellen Punktzahl (?)
- interne Speicher Punktzahl (?)
usw.

Vom Prinzip her erfolgte bei den anderen Zuschlagskriterien, mit Ausnahme des Preises, bei der Wertung eine weitere Unterteilung in Unterkriterien und Unter- Unterkriterien wobei letzteren für Sachbezüge/Basisdaten Punktwerte zugeordnet wurden.

Die Vergabeakte enthält keine Festlegung darüber, wann es in den Unter- Unterkriterien für welchen Sachverhalt, welche Basisdaten (Bsp. Leistungsparameter, qualitative Leistungsinhalt, quantitative Leistungsinhalt usw.) eine Punktbewertung (Punktanzahl) geben sollte. Welche qualitative Bewertung zu welcher Punktzahl führte, ist aus der Vergabeakte
nicht zu entnehmen. Welches die in den Unter-Unterkriterien maximal erreichbaren Punktanzahlen waren, ist aus der Vergabeakte auch nicht zu entnehmen. Die vorliegende Tabelle der für die Unter-Unterkriterien durchgeführten Bewertung (S. 410, 411 Vergabeakte) zeigt nur an, wieviel Punkte welcher Bieter je Unter- Unterkriterium erhielt. Aus dieser Tabelle ist lediglich erkennbar, dass für die einzelnen Unter-Unterkriterien jeweils unterschiedliche Punktanzahlen (ganze Punkte und halbe Punkte) vergeben wurden (Anzahl von 0,5-17 Punkten).

Die Systematik der Angebotsbewertung, inclusive der Punktbewertung (siehe oben), teilte die VST, nach eigener Angabe in der mündlichen Verhandlung, den Bietern nach Angebotsabgabe, ja erst nach bereits erfolgter Angebotseröffnung mit.

Formal zutreffend ist, dass die VST ihrer Pflicht zur Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und deren Wichtung mit deren Bekanntgabe in der Aufforderung zur Angebotsabgabe nachkam. Die Pflicht zur Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung umfasst aber nicht die Pflicht zur Bekanntgabe irgendwelcher Zuschlagskriterien und deren Gewichtung, sondern die Bekanntgabe der in der Angebotswertung zur Anwendung kommenden. Die Angebotsbewertung erfolgte aber entgegen ursprünglichen Festlegung der VST mittels der oben beschriebenen Bewertungssysteme.

Mit der Zuordnung von Punktwerten zu den „Sachgrundlagen/Basisdaten“ der „Unter- Unterkriterien“ und deren Anwendung im Wertungsprozess wurden die „Sachgrundlagen/Basisdaten“, die zuvor nur als „Sachgrundlagen/Basisdaten“ der Bewertung zu verstehen waren, in den Rang von Zuschlagskriterien im Sinn der Richtlinie 2004/18/EG erhoben. Die VST war damit aus o.g. Richtlinie verpflichtet, die Gewichtung (hier durch Punktbewertungen ausgedrückt) der „Sachgrundlagen/Basisdaten“, da diese für die Wertung Bedeutung erlangten, den Bewerbern zwingend, entweder mit der Bekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe, mitzuteilen.

Eine interne, nicht bekanntzugebende Bewertungshilfe läge aber nur dann vor, wenn darin ausschließlich weitere Unterteilungen der Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Unter-Unterkriterien und diesen zuzuordnende Sachbezüge aufgeführt wären. Gerade das war aber vorliegend nicht der Fall. Die von der VST verwendete Bewertungssystematik enthielt neben der Aufteilung der Unter-Unterkriterien in „Sachgrundlagen/Basisdaten“ ein diesen offensichtlich zugeordnetes Punktbewertungssystem.

Sobald den aufgeführten Unterteilungen der Zuschlagskriterien „Gewichtungen/Bewertungssysteme“, sei es in Form einer qualitativen Bewertungssystematik oder einer Punktbewertung zugeordnet werden, handelt es sich aber nicht mehr um „Interna“, da diese Unterteilungen der Unterkriterien, hier der „Sachgrundlagen/Basisdaten“, durch das qualitative Bewertungsystem, das Punktbewertungssystem, zum gemäß Richtlinie 2004/18/EG, Artikel 53 Abs. 2 bekanntzumachenden Zuschlagskriterium werden. (siehe dazu auch OLG Jena 9 Verg 2/07, Beschluss vom 26.03.2007; OLG Düsseldorf Verg 19/08, Beschluss vom 21.05.2008)

Mit der Nichtbekanntgabe der Wichtungen, des qualitativen Bewertungssystems sowie des verwendeten Umrechnungssystems in Punktwerte verstieß die VST gegen die zwingenden Forderungen der Richtlinie 2004/18/EG, Artikel 53 Abs. 2, gegen den § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A und § 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A. Damit war die von der VST offensichtlich gewollte und auch praktizierte Systematik der Angebotsbewertung nicht mehr möglich, da nicht zulässig.

Die gleiche Fallkonstellation, wie die vorliegende, lag einer Entscheidung des OLG Jena zum Nachprüfungsverfahren 9 Verg 9/08 (Protokoll des OLG Jena vom 01.12.2008 dazu) zugrunde. Im Ergebnis der Prüfung des Vergabeverfahrens stellte das OLG Jena fest, dass die von der VST vorgetragenen Ausschlussgründe nach seiner Einschätzung nicht vorliegen würden. Gleichzeitig erfolgte aber die Feststellung durch das OLG Jena, dass andere schwerwiegende Mängel im Vergabeverfahren gemäß § 26 VOL/A vorliegen würden, die im Nachprüfungsverfahren dazu führen würden, dieses aufzuheben. Wenn denn aber die Beschwerdeinstanz hinsichtlich der Nachprüfung (OLG Jena), aufgrund von ihr festgestellter Vergaberechtsmängel, das Vergabeverfahren eigentlich hätte aufheben müssen, die Ersetzung der ursprünglichen durch die nunmehr festgestellten Aufhebungsgründe der VST überließ, muss dieses auch für den vorliegenden Fall gelten. Die Vergabekammer macht sich die vom OLG Jena vertretene Auffassung zu eigen, mit der Folge, dass der Antrag der AST als unbegründet zurückzuweisen war.

Der Nachprüfungsantrag hat somit dem Grunde nach in der Sache keinen Erfolg, da das Vergabeverfahren an grundsätzlichen Mängeln (siehe Pkt. 2.3.1 und 2.3.2) leidet, die bereits im Vorfeld der Aufforderung zur Angebotsabgabe bzw. in der unkorrekten Bekanntmachung liegen und dazu führen, dass das Vergabeverfahren nicht entsprechend der Bestimmungen über das Vergabeverfahren mit Zuschlagserteilung beendet werden kann.

III. Kostenentscheidung

Die Entscheidung über die Kosten (Gebühren und Auslagen) beruht auf § 128 Abs. 1 und 3 GWB. Die Entscheidung über die Höhe der zu zahlenden Gebühren für das Verfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 2 und 3 GWB.

Ausweislich des Tenors der Entscheidung hat die AST die Kosten des angestrengten Nachprüfungsverfahrens zu tragen, da sie im Verfahren die Unterlegene ist (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB).

Die Höhe der Gebühr war nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens festzusetzen (§ 128 Abs. 2 GWB).

Die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens bestimmt sich regelmäßig danach, welches wirtschaftliche Risiko der Verfahrensbeteiligte übernommen hat (vorliegend: von AST und VST bestätigter Angebotssumme der AST xxxxx

Dies führt im vorliegenden Fall, gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB, für die AST zu einer Gebühr in Höhe von xxxx,-

Ausgehend vom Brutto-Auftragswert des Angebotes der AST (Angebotssumme der AST xxx Vergabekammer Freistaat Thüringen (Stand 01.01.2003) war die Gebühr auf den o. g. Betrag für die AST festzusetzen.

Da die AST bereits einen Vorschuss in Höhe von 2.500,- leistete, wird diese gebeten die Differenz zu xxxx,- in Höhe von xxx,-

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, nach Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer, beim Thüringer Oberlandesgericht Jena, Rathenaustraße 13, 07745
Jena, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung der Vergabekammer beantragt wird, und Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, nach Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer, beim Thüringer Oberlandesgericht Jena, Rathenaustraße 13, 07745
Jena, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung der Vergabekammer beantragt wird, und Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.