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LG Hagen: Der Umfang des Unterlassungsanspruchs bei rechtswidriger Zusendung von Werbe-E-Mails (Spam)

18.09.2013, 12:58 Uhr | Lesezeit: 5 min
LG Hagen: Der Umfang des Unterlassungsanspruchs bei rechtswidriger Zusendung von Werbe-E-Mails (Spam)

Das LG Hagen (Urteil vom 10.05.2013, Az.: 1 S 38/13) hatte sich erst unlängst damit beschäftigen müssen, wie weit der Unterlassungsanspruch eines Betroffenen reicht, welcher per E-Mail unerwünschte Werbung übersandt erhalten hatte. Die Rechtsprechung ist hinsichtlich dieser Frage uneinheitlich, im konkreten Fall war ein geschäftlicher E-Mail-Account betroffen, lesen Sie mehr zu dieser Entscheidung.

Rechtswidrige E-Mail-Werbung und Unterlassungsansprüche

E-Mail-Werbung gehört seit jeher zu einer der beliebtesten Marketing-Maßnahmen im Online-Handel. Händler nutzen diese Methode der elektronischen Kommunikation immer häufiger, um Kunden auf neue Produkte hinzuweisen oder besondere Angebote weitläufig zu verbreiten.

Allerdings stellt das Versenden unverlangter Werbe-Mails einen abmahnbaren Rechtsverstoß dar. Dieser kann mit hohen Kosten verbunden sein, da der widerrechtlich werbende Händler die für die juristische Bearbeitung anfallenden Gebühren für den klagenden Empfänger zu tragen hat. Grundsätzlich rechtfertigt eine vorherig erteilte Einwilligung von Seiten des Adressaten eine kontinuierliche E-Mail-Werbung, sofern die Einwilligung wirksam erteilt worden ist. Diese Einwilligung muss ausdrücklich den Willen des Kunden, per Mail angeworben zu werden, bekunden, und muss vom Händler aus Gründen der Beweisführung stets protokolliert werden.

Von einer Einwilligung kann nur in besonderen Fällen abgesehen werden, und zwar dann, wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware dessen elektronische Postadresse erhalten hat, der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet und kein Widerspruch des Kunden vorliegt.

Wenn aber nun ein Betroffener Empfänger eine ungewollte Werbe-E-Mail erhalten hat, stellt sich die Frage, welchen Umfang der Unterlassungsanspruch des Betroffenen hat. Kann lediglich die Übersendung von Werbe-E-Mails an die konkrete E-Mail-Adresse0 untersagt werden oder kann der Unterlassensgläubiger gar verlangen, selbst an ihn gerichtete E-Mail-Werbung (gleich welche E-Mail-Adresse) zukünftig nicht mehr übersandt zu erhalten?

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Der Umfang des Unterlassungsanspruchs bei Übersendung unverlangter Werbe-E-Mails

Zuletzt hatte nunmehr das LG Hagen (Urteil vom 10.05.2013, Az.: 1 S 38/13) zu entscheiden gehabt, wie weit der Unterlassungsanspruch im Falle der Übersendung unverlangter Werbe-E-Mails reicht.

Fraglich war, ob der Umfang des Unterlassungsanspruchs bei unverlangter Werbung per Mail lediglich auf die betroffene E-Mail-Adresse der Klägerin beschränkt sei, an die eine Werbe-Mail ohne Vorliegen einer Einwilligung geschickt wurde oder ob der Unterlassungsanspruch alle (evtl. auch noch unbekannte) E-Mail-Adressen der Klägerin umfasse.Im Ausgangsfall erhielt die Klägerin wiederholt diverse, inhaltlich verschiedene Werbe-Mails von einem Unternehmen, denen sie mit der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung entgegenwirken wollte.

Das Unternehmen gab entsprechend der Aufforderung eine solche Erklärung ab, beschränkte sich aber lediglich auf die einer einzelnen Domain zugeordneten Adresse der Klägerin mit der Endung „....@mkevent.de“, an die bereits unlautere Werbung versandt worden war.
Die Klägerin begehrte mit der eingereichten Klage umfangreichen Schutz vor erneuter Zusendung von Werbe-E-Mails durch das Unternehmen und forderte in Bezugnahme auf die noch bestehende Wiederholungsgefahr bei anderen, der Klägerin zuzuordnenden Adressen, den Unterlassungsanspruch auf alle von ihr genutzten Domains zu erweitern. Dem hatte das beklagte Unternehmen entgegengehalten, dass es Sache der Klägerin sei, dieser Wiederholungsgefahr vorzubeugen, indem sie ihre jeweils aktuelle Adressen mitteile, damit diese aus den Adresslisten der Beklagten gelöscht werden könnten.

Das LG Hagen erteilte der Beklagtenauffassung eine Absage und urteilte schließlich, dass

  • sich aufgrund des mangelnden Wegfalls der Wiederholungsgefahr der Unterlassungsanspruch nicht nur auf eine bestimmte Adresse des Empfängers beschränkt, sondern gleichermaßen für alle E-Mail-Adressen des Empfängers gilt, auch wenn diese dem Versender gar nicht bekannt sind.
  • keine Unterrichtungspflicht des Adressaten hinsichtlich einer Änderung seiner aktuellen E-Mail-Adresse(n) zum Einhalten einer Unterlassungserklärung durch den Versender bestehen kann, da dies auf eine mit der Rechtslageauf eine mit der Rechtslage nicht vereinbare Widerspruchslösung hinausliefe, bei der der Adressat die Versendung an bestimmte Adressen verbieten müsse. Die Zulässigkeit von E-Mail-Werbung hänge aber, so das LG Hagen, ausschließlich vom Einverständnis - nicht von einem etwaigen Widerspruch - des Empfängers ab.

Das LG Hagen zog zur Begründung seiner Ansicht eine Entscheidung des BGH (Urteil vom 20.05.2009, Az.: I ZR 218/07) heran und verwies auf den vom BGH im dortigen Verfahren gebilligten, weit gefassten Unterlassungsantrag, welcher dort wie folgt formuliert gewesen war:

"Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, die Klägerin geschäftsmäßig per E-Mail anzuschreiben, um Informationen zu Entwicklungen am Kapitalmarkt in Form eines Newsletters zu übermitteln und/oder solche Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, ohne dass das tatsächliche oder vermutete Einverständnis der Klägerin vorhanden ist."

Bereits das LG Berlin (Beschluss 16.10.2009, Az.:15 T 7/09), als auch das AG Hannover (Urteil vom 03.04.2013, Az.: 550 C 13442/12) hatten die Auffasssung vertreten, dass der Unterlassungsanspruch nicht auf die konkret betroffende E-Mail-Adresse(n) beschränkt werden kann, sondern vielmehr sämtliche E-Mail-Adressen des Unterlassungsgläubigers umfasse. Hierbei deckt sich die Argumentation des LG Hagen mit derjenigen des LG Berlin, wenn ausfgeführt wird, dass zwar sodann ein erheblich höheres Risiko eines Verstoßes besteht, welches aber nur dann zum Tragen komme, wenn weiterhin unzulässigerweise unerbetene E-Mail-Werbung versendet werde.

Das AG Flensburg hingegen vertrat die Ansicht (Urteil vom 31.03.2011, Az.: 64 C 4/11), dass es für eine auf die Unterlassung von unverlangter E-Mail-Werbung gerichtete Unterlassungserklärung ausreichend sei, wenn diese sich auf die betroffene E-Mail-Adresse beziehe, an welche die unverlangte E-Mail-Werbung geschickt wurde.

Fazit

In Anlehnung an die Urteile des LG Hagen, LG Berlin und AG Hannover, erstreckt sich der Unterlassungsanspruch eines Adressaten unverlangter Werbe-E-Mails nicht nur auf die konkret für die Zusendung verwendete E-Mail-Adresse, sondern auf sämtliche E-Mail-Adressen des betroffenen Adressaten. Dabei spielt es insbesondere keine Rolle, ob diese E-Mail-Adressen dem widerrechtlich werbendem Unternehmen bekannt sind oder nicht. Händler sind daher gut beraten, wenn diese darauf achten, dass tatsächlich nur solche Empfänger von Werbe-E-Mails angemailt werden, welche zuvor ihre ausdrückliche Einwilligung erteilt hatten.

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