Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Abgabe einer Zeitschrift, die sich an einen jugendlichen Leserkreis richtet, zusammen mit einer Sonnenbrille nicht wettbewerbsrechtlich unlauter ist. (Urteil vom 22. September 2005 I ZR 28/03)
Die Beklagte ist Herausgeberin der Zeitschrift "16", die sich an weibliche Jugendliche bzw. Teenager richtet. Der Kaufpreis der Zeitschrift betrug im Jahre 2001 4,50 DM. Der August-Ausgabe 2001 gab die Beklagte eine Sonnenbrille unentgeltlich bei. Die Klägerin, eine Mitbewerberin, hat dies als wettbewerbswidrig beanstandet. Der reguläre Kaufpreis einer vergleichbaren Sonnenbrille betrage etwa 30 DM, so dass ein großer Teil der angesprochenen Zielgruppe die Zeitschrift ausschließlich wegen der Sonnenbrille erwerbe. Das Oberlandesgericht Hamburg hat der Klage stattgegeben.
Problem
Ist die kostenlose Beigabe einer Sonnenbrille zu einer Jugendzeitschrift wettbewerbswidrig?
Lösung des BGH
Das Urteil des Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof aufgehoben. Er hat angenommen, dass das Angebot der Zeitschrift zu dem gebundenen Verlagspreis zusammen mit der Sonnenbrille kein wettbewerbsrechtlich unzulässiges Kopplungsangebot sei. Auch bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren sei nicht davon auszugehen, dass die Rationalität der Nachfrageentscheidung wegen der Zugabe der Sonnenbrille zu der Zeitschrift vollständig in den Hintergrund trete. Selbst im Verhältnis zum Kaufpreis wertvolle Zugaben müssten nicht zu einer irrationalen Nachfrageentscheidung führen. Dies gelte im Hinblick auf die zusammen angebotenen Produkte (Zeitschrift und Sonnenbrille) auch bei dem angesprochenen jugendlichen Leserkreis. Von einer Ausnutzung der Unerfahrenheit dieser Verbrauchergruppe, die regelmäßig besonders schutzbedürftig sei, könne ebenfalls nicht ausgegangen werden.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 130/2005 des BGH v. 22.09.2005
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